Studie zu Brustkrebsgenen BRCA1 und BRCA2: Für welche Krebsfälle sind sie verantwortlich?
Basis für die groß angelegte Untersuchung von Dr. Justo Lorenzo Bermejo und Professor Kari Hemminki ist das Schwedische Familienkrebsregister. Hier werden Tumordiagnosen aller Schweden gesammelt, die nach 1931 geboren sind. Unter den 10,2 Millionen Einträgen konzentrierten sich die Heidelberger Wissenschaftler auf die 948 000 Familien, die mindestens in der dritten aufeinander folgenden Generation registriert sind. An diese Gruppe legten sie die Kriterien an, nach denen das Deutsche BRCA-Konsortium Risikogruppen definiert, denen ein Gentest auf BRCA1- und 2-Mutationen empfohlen wird (Kriterien siehe unten).
Das Vorkommen bestimmter Krebserkrankungen in den Risikofamilien wurde mit der durchschnittlichen Erkrankungsrate in der schwedischen Bevölkerung verglichen. Dabei fanden sich für die verschiedenen Risikogruppen spezifische Häufungen von Krebserkrankungen: In Familien, in denen zwei vor dem 50. Lebensjahr diagnostizierte Brustkrebsfälle aufgetreten waren, gab es eine deutliche Häufung von Eierstock- (6,16 Prozent Risikogruppe vs.1,76 Prozent Normalbevölkerung) und frühem Bauchspeicheldrüsenkrebs (0,16 vs. 0,03 Prozent). Waren Angehörige von Brust- und Eierstockkrebs betroffen, erkrankten überdurchschnittlich viele Familienmitglieder an Eierstock- (68,9 vs. 1,76 Prozent) und Magenkrebs (1,88 vs. 0,92 Prozent). In Familien, in denen ein Mann an Brustkrebs erkrankt war, häuften sich Fälle von frühen Prostatakrebs (0,27 vs. 0,02 Prozent).
Diese Zusammenhänge hatten sich bereits in früheren Untersuchungen abgezeichnet, jedoch erlaubt die neue bevölkerungsbezogene Studie mit ihrer hohen Fallzahl erstmals eine genaue Risikoabschätzung für Angehörige betroffener Familien.
Das BRCA-Konsortium hat für die verschiedenen Risikogruppen die Wahrscheinlichkeiten, tatsächlich Träger einer Mutation in den Genen BRCA1 bzw. BRCA2 zu sein, abgeschätzt. Gleichzeitig kennt man das Risiko für Mutationsträger, tatsächlich an Krebs zu erkranken. Daher lässt sich für die verschiedenen Krebsarten der Prozentsatz der Erkrankungen errechnen, der auf das Konto von BRCA-Genveränderungen geht.
In vielen Fällen haben die Heidelberger Epidemiologen in ihrer Studie jedoch Krankheitshäufungen gefunden, die deutlich über diesen errechneten Werten lagen. Dies gilt beispielsweise für den Eierstockkrebs, an dem Frauen aus einer der Risikogruppen rund viermal häufiger erkrankten, als allein durch Veränderungen in den BRCA-Genen zu erklären wäre.
"Das ist ein sehr wichtiges Ergebnis unserer Studie. Es beweist, dass in diesen Familien zusätzlich andere genetische Faktoren, die wir noch nicht identifiziert haben, an der Krebsentstehung beteiligt sind," erklärt Dr. Justo Lorenzo. "Außerdem wird klar, dass ein negatives Ergebnis im BRCA-Gentest für Angehörige von Risikofamilien keine Entwarnung bedeutet". Andererseits kommentiert der Epidemiologe das Ergebnis: "Auch wenn Angehörige von Risikofamilien etwas häufiger an einigen Krebsarten erkranken, so bleibt das individuelle Risiko gering. Die Hauptsorge gilt weiterhin dem stark erhöhten Brust- und Eierstockkrebsrisiko".
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