Wenn Viren gesund machen
Vektorsystem aus Lentiviren liefert "Generalschlüssel" für die Gentherapie
Vektoren selbst nicht aktiv
Große Hoffnungen werden seit langem in die Gentherapie gesetzt: zunächst in die Behandlung von Erbkrankheiten, inzwischen stehen Tumorerkrankungen im Vordergrund und degenerative Krankheiten wie Morbus Parkinson oder Gefäßverengungen kommen hinzu. Die größte Hürde dieser Technik stellt nicht die Wirkung der therapeutischen Gene dar, sondern sie an den richtigen Platz in der menschlichen Zelle zu bringen. Die Forscher nutzen Viren dafür, die in ihrer Existenz auf andere Lebewesen angewiesen sind und über Jahrmillionen viele effiziente Wege fanden, ihr Erbgut in die Zellen eines Wirtes einzuschleusen. Sie bauen etwa Retro-, Adeno- oder Lentiviren zu den verschiedensten Gentaxen (Vektoren) um - dabei bleibt oberstes Gebot, dass sich das Virus-Genom in der menschlichen Zelle nicht vermehren kann.
Alle Risiken aus dem Weg räumen
Das Problem: Viele Viren dringen nur in den Zellkern sich teilender Zellen ein. Nach zehnjährigen Forschungen ist es den Bochumer Virologen nun gelungen, auf der Basis von Lentiviren, zu denen auch das Humane Immundefizienzvirus HIV gehört, ein Vektorsystem zu entwickeln, dass mithilfe eines «Generalschlüssels» auch in Zellen vordringt, die sich nicht teilen. Da dies die meisten Körperzellen betrifft, erweitern sich mögliche Therapieoptionen erheblich, etwa hinsichtlich Nervenzell- oder Stammzelltherapien. Bevor dieses große Potenzial den Patienten zugute kommen kann, gilt es jetzt mögliche Risiken auszuschließen. Dabei geht es nicht allein um die Sicherheit der lentiviralen Vektoren an sich, die auf der Basis des Affen-Immundeffizienzvirus SIV entstanden, es gilt auch zu vermeiden, dass durch Rekombinationen neue vermehrungsfähige Immundefizienzviren entstehen oder therapeutische Gene möglicherweise durch HIV auf weitere Zellen oder andere Personen übertragen werden. Ein spezielles Forschungsprojekt ist darauf gerichtet, die lentiviralen Vektoren so zu verändern, dass sie sich gezielt in Bereiche des menschlichen Genoms integrieren, in denen sie keine Nachbargene negativ beeinflussen können.
Virusaktivität nur mit «Sicherheitsgurt»
Eine andere Strategie verfolgt PD Dr. Oliver Wildner im Team von Prof. Überla: Er will vor allem die explosionsartige Virus-Vermehrung für der Tumortherapie nutzen und verwendet das therapeutische Gen dabei nur als «Sicherheitsgurt». Sein Ziel ist es, auf der Basis von Adenoviren ein Genmedikament zu entwickeln, bei dem sich der Vektor so stark in den Krebszellen vermehrt, bis dass sie zerstört werden. Dabei lassen sich die viralen Gene nur durch Genregulatoren des Tumors aktivieren und können somit nicht in das gesunde Gewebe vordringen. Nur bei Komplikationen, etwa einer überbordenden Virusvermehrung, käme das therapeutische Gen zum Einsatz: Es sorgt dafür, dass eine sonst unwirksame Substanz (Ganciclovir) in ein MedRUB - Ruhr-Universitaet Bochumikament umgewandelt wird, dass die Virusvermehrung stoppt. Und eine weitere Eigenschaft der Adenoviren wollen die Forscher für eine Krebstherapie nutzen: Einige ihrer Genprodukte treiben den Zellentwicklungszyklus an, so dass gleichzeitig mehr Tumorzellen eine empfindliche Phase der Zellentwicklung erreichen, in der eine Chemotherapie besser wirkt.
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Diese Produkte könnten Sie interessieren
Meistgelesene News
Weitere News von unseren anderen Portalen
Verwandte Inhalte finden Sie in den Themenwelten
Themenwelt Gentherapie
Genetische Erkrankungen, die einst als unbehandelbar galten, stehen nun im Zentrum innovativer therapeutischer Ansätze. Die Forschung und Entwicklung von Gentherapien in Biotech und Pharma zielen darauf ab, defekte oder fehlende Gene direkt zu korrigieren oder zu ersetzen, um Krankheiten auf molekularer Ebene zu bekämpfen. Dieser revolutionäre Ansatz verspricht nicht nur die Behandlung von Symptomen, sondern die Beseitigung der Krankheitsursache selbst.
Themenwelt Gentherapie
Genetische Erkrankungen, die einst als unbehandelbar galten, stehen nun im Zentrum innovativer therapeutischer Ansätze. Die Forschung und Entwicklung von Gentherapien in Biotech und Pharma zielen darauf ab, defekte oder fehlende Gene direkt zu korrigieren oder zu ersetzen, um Krankheiten auf molekularer Ebene zu bekämpfen. Dieser revolutionäre Ansatz verspricht nicht nur die Behandlung von Symptomen, sondern die Beseitigung der Krankheitsursache selbst.