Stammzell-Transplantation: Eiweiße warnen vor Komplikation

Hannoversche Forscher publizieren Ergebnisse in "Blood"

15.07.2004

Nach einer Stammzell-Transplantation ist sie eine gefürchtete Komplikation: die akute Reaktion der verpflanzten Zellen gegen den Wirt (Graft-versus-Host-Disease, GvHD). Eine hannoversche Forschergruppe der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und der mosaiques diagnostics and therapeutics AG, ebenfalls Hannover, haben nun einen Weg gefunden, diese Reaktion mit einer Urinuntersuchung festzustellen: Ein komplexes Muster von vielen Eiweißmolekülen (Polypeptiden) weist auf die drohende Gefahr hin. "Damit ist es in Zukunft möglich, noch frühzeitiger einzugreifen und die Patienten eher vor der GvHD zu bewahren. Zudem benötigen wir keine Gewebeentnahme mehr", sagt Privatdozentin Dr. Eva Weissinger, MHH-Abteilung Hämatologie, Hämostaseologie und Onkologie (Direktor: Professor Dr. Arnold Ganser). Die Ergebnisse der Forschergruppe werden heute im renommierten Fachjournal "Blood" veröffentlicht (Volume 104, No. 2).

Die Stammzell-Transplantation ist aus der Therapie vieler Krebserkrankungen nicht mehr wegzudenken: Eine Hochdosis-Chemotherapie zerstört zunächst alle Zellen, die sich schnell teilen - vor allem die Krebszellen, aber auch Stammzellen im Knochenmark, die den Nachschub für die Zellen in Blut und Immunsystem bilden. Deshalb ist sofort eine Stammzellspende notwendig - meist von einem Fremdspender, der die gleichen Gewebemerkmale hat wie der Empfänger. Trotz des Abgleichs kommt es bei bis zu 70 Prozent der Patienten nach einer Stammzell-Transplantation zu einer Reaktion: Verpflanzte Zellen erkennen ihren neuen Wirt als fremd an, eine GvHD entsteht.

Bislang war eine Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion lediglich klinisch zu vermuten, die Symptome reichen von Hautrötungen und Durchfall bis zu erhöhten Leberenzymen im Blut. Absolute Sicherheit brachte dann eine Gewebeentnahme (Biopsie), die eine solche GvHD klar feststellt. Mehrere Forschergruppen wiesen in jüngster Vergangenheit darauf hin, dass möglicherweise "Biomarker" solche risikobehafteten Eingriffe wie eine Biopsie ersetzen könnten. Eine wichtige Rolle spielen dabei Eiweißmoleküle, so genannte Polypeptide. Den Forschern der mosaiques diagnostics and therapeutics AG war es vor kurzem gelungen, mit Hilfe zweier gekoppelter Analysemethoden - der Kapillar-Elektrophorese und der Massenspektrometrie - und mit einer speziellen Software in kurzer Zeit mehr als 1.000 Polypeptide aus Blut oder Urin bestimmen zu können. Die mehrfach ausgezeichnete Methode wird bereits erfolgreich zur Erkennung von chronischen Nierenerkrankungen eingesetzt und ersetzt durch eine einfache Urinprobe den bisher üblichen operativen Eingriff einer Nierenbiopsie (Gewebeentnahme).

"Vor allem ein Muster aus 29 Polypeptiden zeigt eine GvHD besonders deutlich an. Sie sind nicht erhöht bei Gesunden oder bei Patienten mit einer Blutvergiftung (Sepsis), die ähnliche klinische Symptome wie die GvHD aufweist", sagt Dr. Weissinger. "Die Eiweißmoleküle könnten in Zukunft als früher Marker dienen und ermöglichen es damit, eine Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion einzudämmen oder ganz zu verhindern."

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