Serin - Anfang des Lebens?

Stabile Serin-Cluster als Ausgangspunkt für präbiotische Reaktionen und homochirales Leben

01.08.2003

Spätestens seit einer einschlägigen Joghurt-Werbung wissen wir, dass es von vielen Bio-Molekülen "rechte" und "linke" Varianten gibt - der Chemiker spricht von chiralen Verbindungen - und dass beiden Varianten eine unterschiedliche Bedeutung zukommt. In der Tat kommen die essentiellen Bausteine des Lebens fast ausschließlich in einer der beiden Formen vor: als L-Aminosäuren und D-Zucker (von lat. laevus = links und dexter = rechts). Wie kommt es, dass die Natur bei der Entstehung des Lebens diese klaren Präferenzen für Bild oder Spiegelbild gesetzt hat? Forscher um R. Graham Cooks von der Purdue University (USA) haben nun weitere Belege für ihre Hypothese, dass der Aminosäure Serin bei der Entstehung des homochiralen Lebens eine entscheidende Rolle zugekommen ist.

Serin zeichnet sich gegenüber anderen Aminosäuren durch besondere Eigenschaften aus. So bildet Serin ungewöhnlich stabile Cluster aus acht Serin-Molekülen. Das Besondere an diesen Oktameren ist, dass sie ausschließlich D- oder L-Serin enthalten. Wie Cooks' Gruppe bereits früher herausfand, werden auch andere Aminosäuren in diese Serin-Cluster eingebaut - ebenfalls nur in der passenden Form. Neue Arbeiten der Gruppe beweisen nun, dass Serin auch mit anderen Schlüsselverbindungen Cluster bildet.

Etwa mit Glyceraldehyd. Eine Reaktion zwischen diesem einfachsten Zucker und Serin ergibt ein Addukt, das in ein Serin-Oktamer eingebaut werden kann. Dabei werden in L-Oktamere ausschließlich Addukte aus L-Serin und D-Zucker inkorporiert. Aber auch ohne vorherige Reaktion bilden sich gemeinsame Cluster: aus je sechs Serin- und sechs Glyceraldehyd-Molekülen. Glyceraldehyd, ein C3-Zucker, also ein Zucker mit drei Kohlenstoffatomen, wird dabei zu einem C6-Zucker dimerisiert - möglicherweise eine erste präbiotische Reaktion. Außerdem binden Serin-Cluster Phosphorsäure und bilden Addukte mit Übergangsmetallionen wie Kupfer und Eisen. So könnten sie kontrollierte präbiotische Phosphorylierungen und Oxidationen ermöglicht haben.

Serin kann bereits unter milden Bedingungen zwischen D- und L-Form wechseln. Unter dem Einfluss etwa von zirkular polarisiertem Licht, einer wirbelartigen Bewegung oder eines Magnetfeldes könnte die ursprüngliche Gleichverteilung zwischen D und L zu Gunsten von L-Serin verschoben worden sein. "In hochkonzentrierten Tröpfchen könnten sich dann L-Oktamere und höhere Cluster gebildet haben, die zu einer Akkumulation von weiteren L-Aminosäuren und D-Zuckern geführt haben," vermutet Cooks, "sie könnten auch der Ort für wichtige präbiotische Reaktionen gewesen sein."

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