Röntgenstrahlen verraten Mechanismus eines Alzheimer-Medikaments

07.03.2003

Ein Team von Forschern des Weizmann Instituts gewann neue Einblicke in die Wirkung von Rivastigmin, einem neu zugelassenen Wirkstoff zur Behandlung der Alzheimer-Demenz, die bei zehn Prozent der älteren Bevölkerung zu verheerendem Gedächtnisverlust führt. Die Studie wurde in Biochemistry veröffentlicht, der Zeitschrift der American Chemical Society. "Die Ergebnisse waren überraschend", sagt Prof. Joel Sussman von der Abteilung Strukturelle Biologie. "Sie zeigen, dass wir Alzheimer mit viel geringeren Dosen von Rivastigmin sicher behandeln können, was unerwünschte Nebenwirkungen verringert." Der Wirkstoff, der derzeit unter dem Namen ExelonTM auf dem Markt ist, verlangsamt den Verlust der Gedächtnisleistung bei Alzheimer-Patienten. Die Wirkungsmechanismen auf molekularer Ebene wurden jedoch, bis zu dieser Studie von Sussmann, Prof. Israel Silman von der Abteilung Neurobiologie und der Doktorandin Pazit Bar-On, nicht untersucht.

Alzheimer wird durch eine Störung von Nervenzellen hervorgerufen, die den Stoff Acetylcholin abgeben, der Botschaften zwischen den Zellen im Gehirn überträgt. Der Mangel an Acetylcholin bei Alzheimer-Patienten wird durch die Wirkung des Enzyms Acetylcholinesterase (AChE), welches Acetylcholin schnell abbaut, verschlimmert. Die erwünschte Wirkung von Alzheimer-Medikamenten wie Rivastigmin besteht darin, die AChE lang genug zu hemmen, um den Acetylcholin-Wert entsprechend zu erhöhen.

"Wir wollten sehen, wie lange es nach einer Hemmung durch den Wirkstoff braucht, bis die Acetylcholinesterase wieder zum 'Normalzustand' zurückkehrt oder reaktiviert wird", sagt Silman.

Das Team testete Rivastigmin an AChE aus unterschiedlichen Quellen (Zitterrochen, Fruchtfliege und Mensch), und fand dabei unerwartet heraus, dass die Hemmung nahezu irreversibel ist, und dass im Zeitraum von mehreren Tagen nur eine geringe Reaktivierung stattfindet.

Um dies auf molekularer Ebene zu erklären, nahmen die Wissenschaftler Schnappschüsse von Rivastigmin-AChE-Komplexen auf, indem sie Kristalle des Komplexes mit Röntgenstrahlen beschossen und die Diffraktionsmuster beobachteten. Dann übertrugen sie die räumliche Anordnung aller AChE- und Rivastigminatome in molekulare Karten.

Mit Hilfe dieser Karten fanden die Wissenschaftler heraus, warum die hemmende Wirkung auf die Acetylcholinesterase nahezu irreversibel ist: Nach der Bindung an AChE bricht Rivastigmin in zwei Teile und stellt einige Atome des AChE um, was die Rückkehr zu einem aktiven Status erschwert. Die Karten liefern wichtige Informationen zur Herstellung neuer Chemikalien, die die Alzheimer-Demenz noch wirksamer und mit weniger Nebenwirkungen bekämpfen können.

Prof. Joel Sussmans Forschung wird von der Jean-und-Jula-Goldwurm-Gedenkstiftung, der Charles-A.-Dana-Stiftung, dem Irwin-Green-Forschungsfonds für Gehirnentwicklung, dem Joseph-und-Ceil-Mazer-Zentrum für Strukturelle Biologie, und dem Helen-und-Milton-A.-Kimmelman-Zentrum für Biomolekulare Stuktur und Montage unterstützt. Sussman ist Inhaber des Morton-und-Gladys-Pickman-Lehrstuhls für Strukturelle Biologie.

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