Singapurs neuer Traum "Biopolis"
Aufstieg zu Asiens Biotechnologie-Zentrum
Geht man nach den jetzt vorgelegten Zahlen für 2002, scheint Singapur auf gutem Wege. Danach schnellte die Jahresleistung der Biotech-Branche, Medizintechnik eingeschlossen, um 48 Prozent auf 9,7 Milliarden Singapur-Dollar (5,2 Mrd Euro), wobei den Löwenanteil die Pharmazie ausmacht. Regierungsamtliches Ziel sind 12 Milliarden Dollar bis 2005. Zudem habe die Industrie im vorigen Jahr 1040 neue Arbeitsplätze geschaffen. "In zehn Jahren hätten wir gerne, dass die Branche mindestens zehn Prozent des gesamten Produktionsausstoßes beisteuert", gibt der Vorsitzende der staatlichen Wissenschafts- und Forschungsagentur "A-Star", Philip Yeo, die Messlatte vor. Davon ist die Tropeninsel derzeit noch drei Prozentpunkte entfernt.
WACHSTUMSSTRATEGIE
Seine Wachstumsstrategie zu überdenken, tut Not für den früheren Wirtschaftswunderknaben am Äquator: Im vergangenen Jahr legte das Bruttoinlandsprodukt um magere 2,2 Prozent zu. Nur knapp konnte eine zweite Rezession innerhalb von zwölf Monaten abgewendet werden. Und noch immer sind etwa 60 Prozent der Ausfuhren Elektronikgüter.
Auf dem Pfad zum Biotech-Zentrum ist Singapur recht, was gut und teuer ist: Drei Milliarden Dollar pumpt die Regierung über die nächsten fünf Jahre in Projekte, Anreize machen Unternehmen der Branche die Ansiedung schmackhaft, und zudem sollen die besten Forscher-Köpfe in den Stadtstaat geholt werden wie etwa Alan Colman, der mit anderen 1996 an der Universität Edinburgh "Dolly das Klonschaf" schuf. "Biopolis" lässt sich der Stadtstaat noch einmal 300 Millionen Dollar kosten, wo fünf Forschungsinstitute, mehrere Unternehmen der Biopharmazie und 2000 Wissenschaftler nebst Personal eine Heimat finden sollen. Die Schulen werben für Karrieren in den Naturwissenschaften, Jungforschern winken Stipendien.
TRAUM
Doch das winzige Land ist nicht das einzige in der Region Asien-Pazifik, das den Traum von der Zukunftsbranche träumt. Japan und Südkorea beispielsweise investieren kräftig in Biotech-Projekte, auch in Australien gibt sich die Regierung bei der Förderung spendabel. "Aber Singapur hat möglicherweise die zusammenhängenste Strategie, den Traum zu verwirklichen, indem jeder Aspekt, von rechtlichen bis lehrbezogenen, berücksichtigt wird", befindet das Magazin "Far Eastern Economic Review" (FEER).
Dazu zählt auch, dass eigens ein Ethikrat eingesetzt wurde, der künftige Richtlinien zur umstrittenen Stammzellen-Forschung erarbeiten sollte. Das Ergebnis, das voraussichtlich Mitte 2003 als Gesetz verabschiedet wird, gilt als sehr liberal: Der Grundstoff der Wissenschaftler kann danach etwa aus abgetriebenen oder überzähligen Embryos gewonnen werden, die nicht älter als 14 Tage sind. Auch soll das "therapeutische Klonen" von Embryos erlaubt werden - doch nur von Fall zu Fall und wenn es keine Alternativen dazu gibt.
Allerdings erheben sich auch warnende Stimmen, Biotechnologie nicht als ökonomische Wundertinktur zu sehen. Immerhin kann es bis zu zwölf Jahre dauern und eine halbe Milliarde US-Dollar kosten, bis ein neues Medikament reif für den Markt ist. "Biotech ist ein extrem risikoreiches Unterfangen", sagt Analyst Eddie Lee von DBS Vickers Secirities in Singapur der FEER. "Es ist eine der riskantesten Industrien und die Früchte der Investitionen sind ungewiss."