Neu entdeckte microRNA reguliert Mobilität von Tumorzellen

01.11.2017 - Schweiz

Krebszellen können einen zellulären Prozess reaktivieren, der für die Embryonalentwicklung wesentlich ist. Das versetzt sie in die Lage, den primären Tumor zu verlassen, in umliegende Gewebe einzudringen und in peripheren Organen Metastasen zu bilden. Im Fachblatt «Nature Communications» geben Forscher vom Departement Biomedizin der Universität Basel Einblick in die molekularen Netzwerke, die diesen Prozess steuern.

University of Basel, Department of Biomedicine

Epitheliale Brustkrebszellen nach der Behandlung mit einem EMT-Auslöser: Sie nehmen die Eigenschaften von mesenchymalen Zellen an; zudem lösen sich einzelne Zellen vom Zellverband und wandern in die Umgebung aus. Blau: Zellkern, Grün: Paxillin (Adhesionsprotein), Rot: Aktin (Zytoskelett).

Während der Entwicklung eines Embryos können sich Epithelzellen aus dem Zellverband lösen, ihre zelltypspezifischen Eigenschaften ändern sowie in andere Region wandern, um dort die gewünschten Strukturen zu bilden. Dieser Vorgang mit dem Namen Epitheliale-Mesenchymale Transition (EMT) ist reversibel und kann auch in die Richtung von Mesenchymzellen zu Epithelzellen verlaufen (MET). Er wiederholt sich mehrmals während der embryonalen Entwicklung und erlaubt letztlich die Bildung von Organen in unserem Körper.

Tumorzellen können Programm reaktivieren

Was in der Embryonalgenese ein ganz normaler Vorgang ist, spielt auch bei der Verteilung von Tumorzellen im Körper und der Entstehung von Metastasen eine wichtige Rolle. In den letzten Jahren hat dieses zelluläre Programm in der Tumorforschung denn auch verstärkt Aufmerksamkeit erhalten.

Tumorzellen sind in der Lage das EMT/MET-Programm zu reaktivieren. Dadurch erlangen sie Stammzelleigenschaften und entwickeln eine erhöhte Resistenz gegenüber klassischen aber auch den neuesten gezielten Krebstherapien.

Zusätzlich fördert ein EMT, dass sich Krebszellen vom Primärtumor ablösen, in das umliegende Gewebe und in Blutgefässe eindringen, sich im gesamten Körper verteilen und Metastasen in entfernten Organen bilden, was letztlich für den Tod der meisten Krebspatienten verantwortlich ist.

Die Forschungsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Gerhard Christofori vom Departement Biomedizin der Universität Basel erforscht die molekularen Abläufe, die das zelluläre Programm EMT regulieren. Damit wollen sie neue Interventionsstrategien gegen die Entwicklung maligner Tumore und Bildung von Metastasen aufzeigen – zum Beispiel bei Brustkrebs, einer der häufigsten und bösartigsten Erkrankungen bei Frauen.

Neu entdeckte microRNA verhindert EMT

In einer Studie, publiziert in der neusten Ausgabe von «Nature Communications», fokussierten sich die Forscher speziell auf microRNAs (miRNAs), eine Klasse von sehr kurzen, nichtkodierenden RNAs mit grosser genregulatorischer Wirkung. Sie identifizierten eine bislang unbekannte microRNA, miR-1199-5p, welche ein epitheliales Zellverhalten induziert und die Bösartigkeit von Tumorzellen als auch ihr Potenzial hemmt, Ableger zu bilden.

Konkret verhindert die neu entdeckte microRNA die Synthese eines bestimmten Proteins, nämlich des Transkriptionsfaktors Zeb1. Dieser aktiviert EMT/MET – fehlt er aber, wird der EMT-Prozess verhindert. Auf der anderen Seite unterdrückt Zeb1 die Expression von miR1199-5p in einer sogenannten negativen Rückkopplung, womit sich die beiden Moleküle gegenseitig regulieren.

Solche molekularen Schalter werden immer häufiger innerhalb von Prozessen gefunden, durch die Zellen ihre zelltypspezifischen Eigenschaften ändern oder verlieren. Sie scheinen für eine schnelle, reversible Zellantwort auf extrazelluläre Stimuli verantwortlich zu sein.

Diese Einsichten in die molekularen Netzwerke zur Regulation der EMT/MET-Plastizität können zukünftig genutzt werden, um neue Strategien für die Brustkrebstherapie zu entwerfen.

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