Das Altern aufhalten
Lebenslanges Lernen, gesundes und erfolgreiches Altern sowie die Plastizität des Gehirns, also dessen Veränderbarkeit, sind die Forschungsschwerpunkte des Wissenschaftlers. „Früher hat man gedacht, die Gehirnentwicklung sei auf die Kindheit begrenzt, das Gehirn habe mit Abschluss dieser Phase ausgelernt“, sagt der 52-Jährige. Aber das stimme nicht, die Plastizität bleibe bis ins hohe Alter enthalten.
„Das Gehirn ist ein Netzwerk, das sich immer wieder erneuert und neu verknüpft“, erklärt Godde. „Das hängt mit den Anforderungen zusammen, denen es ausgesetzt ist. Verändern sich die Anforderungen, verändert sich das Gehirn. Wenn ich etwas lerne werden neue Verbindungen gebildet, neue Netzwerke. Was wichtig ist, wird gespeichert. Das Gehirn kann sich über die Lebensspanne extrem verändern.“ So sei es für junge Menschen wichtig, schnell und viel Neues über die Welt zu lernen. Ältere bauten hingegen auf ihrem Erfahrungswissen auf, um Probleme zu lösen. Entsprechend verschieden arbeite das Gehirn, was manchmal als Leistungsabbau fehlgedeutet werde.
Gleich in mehreren Versuchen hat seine Forschungsgruppe diesen Prozess nachgewiesen, zum Beispiel in Tests zur Handgeschicklichkeit. Das Binden von Schürsenkeln, das Schließen von Knöpfen oder das gefahrlose Greifen von einem Ei sind für ältere Menschen wichtige Voraussetzung für die Teilnahme am täglichen Leben. An Probanden verschiedener Altersstufen wurde etwa untersucht, wie gut sie unterschiedliche Oberflächen unterscheiden, Objekte fühlen oder stapeln können. Bei der Messung der Gehirnaktivitäten zeigt sich, dass im Gehirn neue Verbindungen entstehen, die auch gespeichert werden. „Sowohl spezifische Funktionen als auch die allgemeine Leistungsfähigkeit des Gehirns lässt sich trainieren“, sagt Godde. Wichtig sei es, aktiv zu bleiben. So führt Ausdauertraining dazu, dass die Durchblutung des Gehirns verbessert wird.
Trotz dieser Erkenntnisse ist die Haltung immer noch weit verbreitet, dass Ältere nichts mehr lernen können. Eine Einstellung, die Godde bekämpft. „Unsere Studien belegen das genaue Gegenteil. Wer will, kann selbst in hohem Alter noch das Klavierspiel einüben, sofern die Muskeln und Hände gesund sind.“
Seit 2005 lehrt und forscht der studierte Biologe an der Jacobs University, an der er besonders die Interdisziplinarität schätzt, den engen Austausch mit Kollegen anderer Fachbereiche. „Wir brauchend das Wissen von Biologen, Mathematikern, Physikern oder Psychologen, nur interdisziplinär lässt sich das Gehirn verstehen.“
Um das fächerübergreifende Lernen geht es auch in einem weiteren Studiengang um den sich Godde als akademischer Koordinator kümmert: das „Medical Preparatory Year“ (MedPrep), ein einjähriges Vorbereitungsprogramm für das Medizinstudium. In ihm werden die Studierenden gezielt auf das Studium vorbereitet, etwa indem naturwissenschaftliche Grundlagen gelegt oder sie erste praktische Erfahrungen sammeln. Godde ist sich sicher: „Mit dem Wissen, das sie bei uns bekommen, sind die Chancen deutlich besser einen Medizinstudienplatz zu bekommen und das Studium auch erfolgreich zu absolvieren.“
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