Gehirnentzündungen bei krankhaftem Übergewicht mit spezifischen Darmbakterien assoziiert

02.08.2017 - Deutschland

Seit einigen Jahren sind Normalgewichtige in Deutschland in der Unterzahl: 52 Prozent der Deutschen sind übergewichtig oder adipös. Diese Entwicklung hat dramatische Auswirkungen nicht nur für den Sozialstaat im Allgemeinen, sondern auch für die medizinische Versorgung. Wissenschaftler vom Exzellenzcluster „Entzündungsforschung“ um Professor Matthias Laudes konnten jetzt nachweisen, dass entzündliche Veränderungen in bestimmten Gehirnregionen mit der Zunahme des Körpergewichtes assoziiert sind. Die Daten legen den Schluss nahe, dass im Sinne einer „Darm-Gehirn-Achse“ die Fehlernährung über eine Veränderung des Darmmikrobioms zu entzündlichen Veränderungen in den Regionen der Appetit- und Sättigungsregulation im Gehirn führt, was die Gewichtsentwicklung langfristig nach oben treibt.

Philip Rosenstiel

Gewebeschnitte zeigen, dass bei übergewichtigen Personen (untere Reihe) deutlich dichteres Gewebe im Hypothalamus vorliegt. Diese Verdichtung deutet auf entzündliche Prozesse hin. Bei normalgewichtigen Personen (obere Reihe) ist die Verdichtung deutlich geringer.

Im Gehirn steuert der sogenannte Hypothalamus, ein Areal im Zwischenhirn mit einem Durchmesser von etwa drei Millimetern, unter anderem die Appetit- und Sättigungsregulation. Bisher konnte nur in sehr wenigen Studien gezeigt werden, dass entzündliche Veränderungen in diesem Bereich einen starken Einfluss auf das Körpergewicht eines Menschen haben. In der aktuellen Studie verglichen die Forschenden die Hirnareale übergewichtiger und normalgewichtiger Personen mittels Magnetresonanztomografie. Bei adipösen Personen fanden sie entzündliche Aktivitäten im Bereich des Hypothalamus. „Wir können aber noch nicht mit Sicherheit sagen, was zuerst entsteht“, erläutert Erstautorin Carina Kreutzer, Mitglied im Exzellenzcluster „Entzündungsforschung“ und Klinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. „Also ob Übergewicht zu einer Entzündung im Hypothalamus führt, oder ob die entzündlichen Prozesse Übergewicht verursachen.“ Ferner spielen natürlich auch die Ernährung sowie genetische Faktoren eine erhebliche Rolle.

Zusätzlich untersuchte das Team unter der Leitung von Professor Matthias Laudes, Medizinische Fakultät an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und Klinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein das Darmmikrobiom, also die Bakterienzusammensetzung im Verdauungstrakt. Zwei Bakterien konnten die Forschenden dabei ausfindig machen, die einen potentiell schützenden Einfluss haben. Ernährt sich ein Mensch ausgewogen, also nicht zu fettreich, leben viele dieser Bakterien im Darm und die Entzündungswerte im Körper sind niedrig. „Umgekehrt kann eine fettreiche Ernährung innerhalb relativ kurzer Zeit die Bakterienmenge reduzieren, folglich steigen unter anderem auch Entzündungswerte im Gehirn an“, so der Diabetologe Laudes. „Wir sehen in unserer Studie einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Gehirnentzündungen und spezifischen Veränderungen des Darmmikrobioms. Unsere Daten legen den Schluss nahe, dass im Sinne einer ‚Darm-Gehirn Achse‘ die Fehlernährung über eine Veränderung des Darmmikrobioms zu entzündlichen Veränderungen in den Regionen der Appetit- und Sättigungsregulation im Gehirn führt, was die Gewichtsentwicklung langfristig nach oben treibt.“

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