Dolly und Uschi - der weltweite Klontier-Zoo wächst

Ein süßes Lamm sorgte vor 20 Jahren für eine wissenschaftliche Sensation

17.02.2017 - Großbritannien

(dpa) Ein bisschen verschmitzt scheint Dolly die Besucher des Royal Museums im schottischen Edinburgh anzuschauen. Am 23. Februar vor 20 Jahren gab es erste Berichte über die Geburt des äußerst ungewöhnlichen Bergschafs, das jetzt ausgestopft in einer Vitrine steht. Dolly - benannt nach der Country-Sängerin Dolly Parton - war der erste Klon eines erwachsenen Säugetiers. Das süße Lamm schürte Ängste und löste weltweit eine Grundsatzdiskussion über Ethik in der Wissenschaft aus. Würde es künftig Klon-Menschen geben?

Dolly ist die Kopie eines Säugetieres und hat keinen biologischen Vater. Sie entstand mit Hilfe des somatischen Zellkerntransfers (SCNT). Um den Klon zu schaffen, entfernten Forscher um Ian Wilmut und Keith Campbell vom Roslin-Institut bei Edinburgh bei einer Eizelle den Zellkern, in dem die Erbinformation steckt. An seiner Stelle platzierten sie den Zellkern einer Körperzelle. Die veränderte Eizelle wurde dann in einer Nährlösung zur Teilung angeregt und einer Ersatzmutter eingepflanzt.

Auf Dolly folgte ein wahrer Klontier-Zoo - etwa aus Pferden und Rindern für die Zucht. «In den USA wird zum Beispiel das Sperma von geklonten Bullen verkauft», sagt Christoph Then vom Institut Testbiotech in München, das sich mit den Folgen der Gen- und Biotechnologie beschäftigt. «Es gibt dort auch Firmen, die in begrenztem Maße geklonte Rennpferde anbieten.» In Südkorea können trauernde Hundebesitzer Kopien ihrer verstorbenen Vierbeiner in Auftrag geben; auch besonders erfolgreiche Drogenschnüffelhunde werden geklont. China meldete die Geburt einer Klon-Kuh, die zusätzlich mit einem Gen ausgestattet worden war, um die Fleischqualität zu steigern.

Davon ist man in Deutschland weit entfernt. Hier wird das Klonen vor allem für die medizinische Forschung eingesetzt. So werden an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München zum Beispiel Schweine geklont, die an Diabetes oder Mukoviszidose erkrankt sind. «Man kann an diesen Tieren testen, wie die Krankheit verläuft und ob Medikamente wirken. Das ist eine sehr wichtige Ergänzung zu Experimenten mit Mäusen», so Eckhard Wolf vom Genzentrum der LMU.

Für solche Tiermodelle verändern Wissenschaftler häufig auch die Erbsubstanz, um dem Klon gezielt neue Eigenschaften zu verpassen. Das kann zum Beispiel von beschleunigtem Wachstum bis hin zu Resistenzen gegen Krankheitserreger reichen.

Professor Wolf klonte als erster Wissenschaftler in Deutschland ein Säugetier: Das Kalb Uschi kam 1998 auf die Welt. «Uschi wurde mehrfache Großmutter und war klinisch gesund», berichtet er.

So gut erging es dem Klonschaf Dolly nicht, das am 5. Juli 1996 in Schottland geboren wurde. Erst Monate später gingen die Forscher mit ihrem wissenschaftlichen Durchbruch an die Öffentlichkeit. Dolly lebte - zum Schutz vor Klongegnern und Hagelkörnern - in einem streng bewachten Betonblock und zerkaute Pillen mit Nahrungskonzentrat. Gras zupfen durfte es nicht. Doch das Tier kränkelte: Gelenkbeschwerden und ein Lungenleiden machten ihm zu schaffen. Dolly musste schließlich im Alter von nur sechs Jahren eingeschläfert werden. Normalerweise werden Schafe im Durchschnitt fast doppelt so alt.

Doch wie auch Uschi zeigt: Das muss kein typisches Schicksal eines Klon-Tiers sein. Forscher um Kevin Sinclair von der Uni Nottingham machten einen Gesundheitscheck bei 13 geklonten Schafen im Alter von sieben bis neun Jahren. Das entspricht einem Menschenalter von etwa 60 bis 70 Jahren. Vier der Tiere namens Debbie, Denise, Dianna und Daisy stammen aus derselben Zelllinie wie Dolly, besitzen also das gleiche Genmaterial. Die Schafe zeigten keine Zeichen frühzeitigen Alterns. Klon-Tiere könnten ein langes und gesundes Leben führen, schrieb das Team im Fachjournal «Nature Communications».

Dennoch gibt es viel Kritik am Klonen von Tieren, auch weil viele Versuche scheitern und dabei Embryonen sterben. «Ich bin aus Tierschutzgründen dagegen», sagt Then von Testbiotech. «Die Vielfalt wird reduziert», lautet eines seiner Argumente. Für besonders wichtig hält der promovierte Tierarzt mit Blick auf Klon-Fleisch die Transparenz und Wahlfreiheit für den Verbraucher: «In Großbritannien sind bereits geklonte Tiere in den Handel gelangt.»

Ein Horrorszenario für viele Kritiker ist die Erschaffung eines Klon-Menschen. Die Raelianer-Sekte hatte vor Jahren lauthals verkündet, solche menschliche Kopien seien bereits geboren und unter uns - gesehen hat man sie allerdings nie und Experten hatten auch damals schon den Wahrheitsgehalt sehr stark angezweifelt.

Das Klonen von Menschen lehnt Wilmut übrigens strikt ab. «Wie soll ich damit klarkommen, mit jemandem zusammenzuleben, der genau so ist wie ich?», fragte er in einem Interview. «Ich glaube, die meisten von uns fänden es ziemlich schwierig, mit sich selbst zu leben.»

Originalveröffentlichung

Ian Wilmut; Nature; 1997, Bd. 385, Nr. 6619, S. 810

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