Malaria-Erreger gefilmt: Vom Ringelreigen zum Poledance

02.02.2017 - Deutschland

Neue Erkenntnisse durch Filme im Mikrometer-Maßstab: Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg entdeckten Schlüsselprotein für „Geburt“ der Erreger und Hinweis darauf, wofür Krümmung der Parasiten sinnvoll sein könnte.

Der Malaria-Erreger, der Parasit Plasmodium, stellt Wissenschaftler weltweit vor eine Vielzahl ungelöster Fragen. Bei deren Erforschung schlägt die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Friedrich Frischknecht vom Zentrum für Infektiologie am Universitätsklinikum Heidelberg innovative Wege ein: Die Forscher haben die einzelligen, gekrümmten Parasiten bei ihrer „Geburt“ in der Mücke, bei der Umkreisung von Blutgefäßen sowie in einem künstlichen Stangenlabyrinth in Echtzeit gefilmt und dadurch neue Erkenntnisse gewonnen.

Das Schlüpfen gelingt Plasmodien nur in einer gemeinsamen Anstrengung. Das entdeckte Dennis Klug, Doktorand in der Arbeitsgruppe von Professor Frischknecht, als er das bisher noch nicht beschriebene und in seiner Funktion unbekannte Parasiten-Protein Trp1 untersuchte. Er infizierte Moskitos mit veränderten Plasmodien, die Trp1 nicht bilden können. Diese Parasiten schafften es nicht, sich aus den Zysten an der Magenwand der Mücken, in denen sie heranwachsen, zu befreien. Warum? Die Antwort brachte der Vergleich mit unveränderten Malaria-Erregern. Nächtelang beobachteten Klug und Frischknecht die Vorgänge in den Zysten und nahmen Filme des Schlüpfvorgangs auf. Ist die Entwicklung in den Zysten abgeschlossen, beginnen die Parasiten sich gleichförmig zu bewegen. Der gemeinsame Tanz hunderter Einzeller scheint eine viel größere Kraft auf die Zystenwand auszuüben, als ein einzelner Parasit aufbringen könnte – sie reißt schließlich auf. Fehlt Trp1, kommen die Parasiten nicht in Tanzlaune. Das liegt aber nicht an einer Bewegungsstörung – der Zyste entnommen, bewegen sie sich normal. „Trp1 könnte eine Art Sensor sein, über den die Parasiten das Startsignal für ihre gemeinsame Bewegung erhalten“, vermutet Klug. „Das müssen weitere Versuche klären. Über die Entwicklung der Parasiten in der Mücke gibt es bislang noch sehr wenige Forschungsarbeiten.“

Warum ist der Malaria-Parasit krumm?

Plasmodien gelangen durch einen Moskitostich vom Speichel der Mücke in den menschlichen Organismus. Ihr weiterer Weg führt sie von der Haut in die Blutbahn, von dort in Leberzellen und anschließend in rote Blutkörperchen. In der Haut bewegen sich die Parasiten sehr schnell und dringen in Blutgefäße ein. Wie sie dies in so kurzer Zeit bewerkstelligen, obwohl sie die Blutgefäße wahrscheinlich nicht gezielt ansteuern, sondern eher zufällig auf sie treffen, ist noch unklar.

Warum ist der Malaria-Parasit krumm? Die Heidelberger Wissenschaftler vermuten, dass dieses Rätsel eng mit der Frage verknüpft ist, wie die Parasiten in die Blutgefäße der Haut gelangen. Plasmodien haben die Form eines kleinen Halbmondes und bewegen sich daher auf einem festen Untergrund meistens im Kreis. „Der Durchmesser dieses Kreises entspricht dem der kleinsten Blutgefäße in der Haut“, sagt Frischknecht. „Wir sind überzeugt, dass das kein Zufall ist.“ Um diesen Verdacht zu prüfen, bastelte sein Team gemeinsam mit Wissenschaftlern um Prof. Dr. Joachim Spatz vom Physikalisch-Chemischen Institut der Universität Heidelberg und dem Max-Planck-Institut für medizinische Forschung ein mikroskopisch kleines „Stangen-Labyrinth“ für die Einzeller. Es besteht aus feinen Kunststoffsäulen, die Blutgefäße nachbilden sollen. Das Ergebnis der Untersuchungen: Bei verschiedenen Durchmessern der Stangen ringelten sich die Parasiten bevorzugt um solche, die ihrer natürlichen Krümmung entsprachen. „Es scheint so, dass Plasmodien quasi dafür gebaut sind, die feinen Blutgefäße der Haut zu umkreisen. Dieses Verhalten konnten wir bereits filmen“, so der Parasitologe. „Das würde erklären, wie sie geeignete Eintrittsstellen wie etwa Schwachstellen in der Gefäßwand finden, durch die sie in die Blutgefäße eindringen können. Das wollen wir im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 1129 weiter untersuchen.“

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