Gegen den Verlust der Stimme: Neue Therapieansatz zur Behandlung von Kehlkopfkrebs entwickelt

24.01.2017 - Deutschland

Wissenschaftler der Universität Leipzig haben in einer interdisziplinären Studie einen neuen Behandlungsansatz erforscht, der eine personalisierte Kehlkopfkrebs-Therapie ermöglicht.

In Deutschland werden jährlich rund 17.000 Krebsfälle der Kopf-Hals-Region neu diagnostiziert. Tumore im Kehlkopf können schleichend und über einen längeren Zeitraum unbemerkt wachsen, da der Tumor keine umliegenden Nervenbahnen schädigt und beim betroffenen Patienten keine Schmerzen  verursacht. Ist die Diagnose Kehlkopfkrebs gefallen, stellt sich für fortgeschrittene Tumorstadien die Frage nach der vollständigen Entfernung des Kehlkopfes - wozu in Deutschland die einhellige Mehrheit der Fachexperten tendiert - oder nach einer Kombination aus Bestrahlung und Chemotherapie zum Kehlkopferhalt. Die Entfernung des Kehlkopfes bedeutet den Verzicht auf ein Organ, das Sinne wie Riechen und Schmecken beeinträchtigt und sogar den Verlust der eigenen Stimme bedeutet - für bestimmte Berufsgruppen wie Koch, Lehrer oder Politiker eine existentielle Lebensgrundlage.

Wissenschaftler der Universitätsmedizin Leipzig haben nun erstmals im Rahmen einer interdisziplinären Studie einen neuen Behandlungsansatz für den Kehlkopferhalt erforscht, mit dem man mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr früh herausfinden kann, ob organerhaltende Therapieformen geeignet sind oder besser gleich operiert werden sollte. "Die Ergebnisse unserer Studie markieren einen deutlichen Fortschritt in der personalisierten Therapieentscheidung. Mit ihnen können die weiteren Schritte der Behandlung jetzt noch besser auf den Patienten abgestimmt werden. Mit der Durchführung einer Kurzchemotherapie über wenige Tage können wir nach zwei Wochen das gute oder schlechte Ansprechen des Krebses bestimmen und mittels einer endoskopischen Aufnahme das Ergebnis sichtbar machen und damit auch den Patienten selbst in die anstehende Entscheidung einbeziehen", betont Prof. Dr. Andreas Dietz, Professor für HNO-Heilkunde an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig und Leiter der fächerübergreifenden Studie namens DeLOS-II.

"Bisher war nicht klar, welche Diagnostik bzw. welche Untersuchung die am besten geeignete ist, einen dauerhaft sicheren Kehlkopferhalt zu prognostizieren. Wir haben herausgefunden, dass wir dafür die Informationen mehrerer Untersuchungen brauchen, zuerst die endoskopische Bewertung durch den HNO-Arzt, die Bildanalysen der Nuklearmediziner (PET), aber auch das mittels Computertomographie bestimmte Tumorvolumen. Man kann daraus ein Bewertungsmodell ableiten, das wiederum bei der Bewertung der Ergebnisse hilft", erklärt Dr. Gunnar Wichmann, Leiter des HNO-Forschungslabors der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig. "Das Ansprechverhalten des Tumors kann nur unter Kombination verschiedener Diagnoseverfahren bestimmt werden", betont Prof. Dr. Regine Kluge, Nuklearmedizinerin der hiesigen Universitätsmedizin. "Es müssen daher HNO-Ärzte, Radiologen, Nuklearmediziner, Strahlenonkologen und Pathologen eng interdisziplinär zusammenarbeiten, um gemeinsam mit dem Patienten unter Abwägung von jetzt besser bewertbaren Risiken die optimale Therapieentscheidung zu fällen", stellt Prof. Dietz heraus.

Für die Studie der Leipziger Universitätsmedizin wurden über einen Zeitraum von drei bis sechs Jahren die Daten von insgesamt 180 Patienten europaweit aus 25 Zentren gesammelt und ausgewertet, 52 Patienten davon stammten aus Leipzig. Die Studienergebnisse werden auf der internationalen Veranstaltung für Fachexperten zur Früherkennung und Behandlung von Kehlkopf-Krebs "Early Cancer of the Larynx" vorgestellt, die am 27. und 28. Januar 2017 in Leipzig unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas Dietz, Direktor der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum Leipzig stattfinden wird. Dietz ist neuer Vorsitzender der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Kopf-Hals-Tumoren der Deutschen Krebsgesellschaft und wird zusammen mit weiteren Wissenschaftlern der Leipziger Universitätsmedizin Keynote-Speaker beim internationalen Workshop sein.

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