Alzheimer: Antikörper reduziert schädliche Amyloid-Ablagerungen im Gehirn
Behandlung bremst auch den Verlust der geistigen Fähigkeiten
geralt, pixabay.com, CC0
Die Ursachen von Alzheimer sind noch immer unbekannt. Sicher ist, dass die Krankheitsprozesse im Gehirn von Betroffenen bereits 10 bis 15 Jahre vor dem Auftreten erster klinischer Symptome wie z.B. Gedächtnisverlust beginnen. Forschende der UZH konnten nun zeigen, dass ein menschlicher monoklonaler Antikörper genannt Aducanumab gezielt an die krankheitsverursachenden Hirnablagerungen bindet, was zu deren Entfernung durch Mikrogliazellen führt. Eine einjährige Therapie mit dem Antikörper im Rahmen einer klinischen Phase Ib-Studie brachte die Beta-Amyloid-Plaques im Hirn der Patienten praktisch vollständig zum Verschwinden. Die Resultate, die zusammen mit dem Biotechnologie-Unternehmen «Biogen» und der UZH-Spin-off «Neurimmune» erzielt worden sind, wurden in der Fachzeitschrift Nature publiziert.
Rückgang der Ablagerungen im Gehirn erfolgt zeit- und dosisabhängig
«Die Ergebnisse dieser klinischen Studie stimmen uns sehr zuversichtlich, bei der Behandlung von Alzheimer einen wesentlichen Schritt vorwärts zu kommen», betont Roger M. Nitsch, Professor am Institut für Regenerative Medizin der UZH. «Die Wirkung des Antikörpers ist beeindruckend. Und der Effekt ist abhängig davon, wie hoch die Dosis ist bzw. wie lange die Therapie dauert.» Bei jenen Patienten, die die höchste Antikörperdosis erhielten, waren nach einem Jahr praktisch keine Beta-Amyloid-Plaques mehr nachweisbar. Entwickelt wurde der Antikörper mit Hilfe einer Technologieplattform von «Neurimmune». Aus dem Blut von älteren, bis zu 100-jährigen Menschen ohne kognitive Einschränkungen isolierten die Forschenden jene Immunzellen, deren Antikörper zwar die toxischen Beta-Amyloid-Klumpen erkennen, jedoch nicht das überall im Körper vorkommende Amyloid-Vorläuferprotein. Dieses spielt vermutlich eine wichtige Rolle beim Wachstum der Nervenzellen. Die spezifische Bindungsfähigkeit für die krankhaft gefaltete Form des Beta-Amyloids sowie die Tatsache, dass der Antikörper menschlicher Herkunft ist, dürften mitverantwortlich für das gute Sicherheitsprofil von Aducanumab sein.
Experimentelle Behandlung bremst auch den Verlust der geistigen Fähigkeiten
165 Patienten mit Alzheimer im Frühstadium wurden in der klinischen Phase Ib-Studie behandelt. Obwohl ursprünglich nicht als primäres Studienziel vorgesehen, untersuchten die Wissenschaftler aufgrund der positiven Effekte auch, wie sich die Therapie auf die Krankheitssymptome auswirkt. Dazu verwendeten sie standardisierte Fragebögen, mit denen kognitive Fähigkeiten oder Alltagsaktivitäten der Patienten getestet werden können. «Auch bei den klinischen Symptomen zeigte Aducanumab gute Resultate», fasst Roger M. Nitsch zusammen. «Während sich bei den Patienten der Placebogruppe die geistigen Fähigkeiten signifikant verschlechterten, blieben diese bei den Patienten mit der höchsten Antikörperdosis deutlich stabiler.»
Bei einigen der behandelten Studienteilnehmer trat eine Nebenwirkung auf, die sich durch Magnetresonanz-Bildgebung feststellen lässt (amyloid-related imaging abnormality, ARIA). Diese war in der Minderzahl der Fälle von vorübergehenden milden bis mittelgradigen Kopfschmerzen begleitet. Die Forschenden der UZH gehen davon aus, dass es sich bei ARIA um einen messbaren biologischen Effekt der Amyloidentfernung handelt.
Die vielversprechenden Ergebnisse von Aducanumab werden aktuell in zwei grossen klinischen Studien der Phase III untersucht, um die Sicherheit und Wirksamkeit des Antikörpers weiter zu evaluieren. An insgesamt 2700 Patienten mit beginnender Alzheimer-Erkrankung werden in mehr als 300 beteiligten Zentren in 20 Ländern Nordamerikas, Europas und Asiens die Wirksamkeit und Sicherheit des Antikörpers geprüft.
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Antikörper sind spezialisierte Moleküle unseres Immunsystems, die gezielt Krankheitserreger oder körperfremde Substanzen erkennen und neutralisieren können. Die Antikörperforschung in Biotech und Pharma hat dieses natürliche Abwehrpotenzial erkannt und arbeitet intensiv daran, es therapeutisch nutzbar zu machen. Von monoklonalen Antikörpern, die gegen Krebs oder Autoimmunerkrankungen eingesetzt werden, bis hin zu Antikörper-Drug-Konjugaten, die Medikamente gezielt zu Krankheitszellen transportieren – die Möglichkeiten sind enorm.
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