Neuartiges Testverfahren soll Tierversuche ersetzen

17.08.2016 - Deutschland

Den Einfluss von Chemotoxizität auf die Entwicklung des Menschen testen, ohne dabei auf Tierversuche zurückgreifen zu müssen: Um diesem Ziel ein Stück näher zu kommen, entwickeln die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) und das Laser Zentrum Hannover e.V. (LZH) ein neues in-situ Testverfahren, mit dem chemische Substanzen auf potenzielle Schädlichkeit untersucht werden können.

TiHo

Wandernde, selektiv mit einem Fluoreszenzfarbstoff angefärbte (in rot zu sehen) Pionierneuronen unter dem Phasenkontrastmikroskop.

„In Deutschland besitzt der Tierschutz einen besonders hohen Stellenwert und ist im Grundgesetz verankert. Menschen dürfen Tieren ohne Grund keine Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen“, erläutert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Um die Einhaltung und Ausweitung des Tierschutzes entsprechend zu stärken, wurde ein Förderprogramm ins Leben gerufen, das gezielt die Forschung nach Alternativen zu Tierversuchen unterstützt.

Neues Verfahren kommt ohne Tierversuche aus

Im Rahmen dieser Förderung entwickeln die TiHo und das LZH nun eine Methode, um beispielsweise Industriechemikalien oder Pflanzenschutzmittel auf ihre neurotoxischen Eigenschaften zu prüfen. Erstmalig soll es dann möglich sein, diese Untersuchungen frei von Tierversuchen durchzuführen.

Für dieses alternative Testsystem wird von der TiHo eine biologische Analysemethode an einem Insektenembryo entwickelt, die in der Folge mit einem 3D-Bildgebungsverfahren des LZH kombiniert wird. Dabei werden Störungen erfasst, die von Chemikalien in Pionierneuronen - sogenannten Wegweiserzellen - verursacht werden. Das Wachstum der Nervenfasern zum zentralen Nervensystem ist bei diesen Neuronen verändert. In ihren feststehenden Entwicklungsmustern lassen sich Defekte im Ablauf der Bildung von Nervenzellen, der Zellwanderung und des Zelltods ablesen. Das präzise Bildgebungsverfahren sichert die für die Analyse notwendige Erfassung.

Die neue Methodik macht Untersuchungsreihen im Hochdurchsatz möglich. Angewendet werden soll das Verfahren dann in der Grundlagenforschung sowie im vorregulatorischen Bereich zur Feststellung von toxikologisch relevanten Substanzen. Dadurch könnten Tierversuche innerhalb der Testreihen im Vorfeld der Chemikalien-Zulassung ersetzt werden.

Schäden im pränatalen und frühkindlichen Stadium vermeiden

Da die neue Methodik für Testreihen zur Erkennung von Entwicklungsneurotoxizität eingesetzt werden soll, kann auch untersucht werden, ob von einzelnen Chemikalien oder der Kombination verschiedener Stoffe auch eine Gefährdung für die pränatale oder frühkindliche Entwicklung ausgeht. Dabei wird geprüft, ob der Kontakt zu funktionellen Einschränkungen oder Deformationen einzelner Körperteile oder Organe des Kindes führen kann.

Weitere Einsatzmöglichkeiten

Darüber hinaus kann das Testverfahren auch bei der Entwicklung von Arzneimitteln eingesetzt werden. Hier könnte es ethisch bedenkliche sowie kostenaufwendige Testreihen im Rahmen von Tierversuchen ergänzen und langfristig sogar ersetzen.

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