Evonik kommerzialisiert Biotenside

Essener Konzern produziert biotechnologisch hergestellte Tenside in industriellen Mengen

22.06.2016 - Deutschland

Evonik kommerzialisiert Biotenside: Als erstes Unternehmen weltweit kann der Spezialchemiekonzern hochwertige Tenside, einen zentralen Bestandteil moderner Shampoos, Duschgels und Reinigungsmittel, biotechnologisch in industriellen Mengen herstellen. Dahinter stecken mehr als fünf Jahre Forschungsarbeit und eine Kombination von Know-how in den Bereichen Biotechnologie, Verfahrenstechnik und Grenzflächenchemie. Evonik-Wissenschaftler aus Deutschland, China und der Slowakei waren an dem Projekt beteiligt. Evonik zielt mit seinen neuen Biotensiden vor allem auf die attraktiven Wachstumsmärkte Körperpflege und Haushalt. "Durch den steigenden Wohlstand haben weltweit immer mehr Menschen Zugang zu modernen Reinigungs- und Körperpflegemitteln. Biotenside bieten eine wachstumsstarke Ergänzung zu unseren konventionell hergestellten Produkten. Evonik sieht sich in diesem noch jungen Bereich als künftiger Marktführer", erklärt Hans Henning Wenk, Forschungsleiter Biobased Materials bei Evonik Nutrition & Care.

Evonik Industries AG

Tenside kommen zum Beispiel in Haushaltsreinigern zum Einsatz.

Erste Haushaltsreiniger, die Biotenside von Evonik enthalten, können Konsumenten bereits im Supermarkt kaufen. Sie enthalten sogenannte Sophorolipide, die in der Natur von einer Hefe produziert werden, die unter anderem im Honig von Hummeln zu finden ist. Evonik produziert Sophorolipide im slowakischen Slovenska L'upča, einem wichtigen Produktionsstandort des Konzerns für biotechnologisch hergestellte Produkte. Weitere Anwendungen der Sophorolipide will Evonik zeitnah in Zusammenarbeit mit internationalen Schlüsselkunden erschließen. Parallel dazu arbeiten Wissenschaftler des Unternehmens derzeit an weiteren Verbesserungen des Produktionsprozesses, die den Bau noch größerer Anlagen ermöglichen sollen.

Außerdem will das Unternehmen eine zusätzliche Klasse von Biotensiden entwickeln und vermarkten, die sogenannten Rhamnolipide. Diese zeichnen sich beispielsweise durch besonders gute Schaumeigenschaften aus und erschließen dadurch zusätzliche Anwendungsgebiete. Eine Pilotanlage zur Produktion von Rhamnolipiden durch Fermentation entsteht derzeit ebenfalls am Standort Slovenska L'upča. Statt Hefen kommen dabei Bakterien zum Einsatz.

Ohne Tenside wären moderne Standards für Sauberkeit und Hygiene nicht zu halten. Sie sorgen beispielsweise dafür, dass sich Wasser mit Öl verbindet. Das ist die Voraussetzung dafür, Fettflecken mit Wasser und Reinigungsmittel entfernen zu können. Bislang werden Tenside fast ausschließlich synthetisch hergestellt. Als Rohstoff dienen dabei überwiegend Erdöl oder tropische Öle, etwa Palmkernöl oder Kokosöl. In der Natur kommen jedoch auch Mikroorganismen wie etwa Hefen oder Bakterien vor, die Tenside produzieren. So gibt es etwa Bakterien, die sich mithilfe dieser Biotenside Zugang zu Öl als Nährstoff verschaffen. "Die biotechnologische Produktion von Tensiden kommt ohne Erdöl und tropische Öle aus. Wir benötigen lediglich Zucker und Rapsöl, um die Mikroorganismen zu ernähren. Die Rohstoffbasis von Evonik wird dadurch erheblich erweitert", betont Wenk.

Auch wenn Biotenside in der Wissenschaft bereits seit Längerem bekannt sind, wurden sie bislang nur in einigen wenigen Spezialanwendungen eingesetzt, etwa bei der Reinigung von mit Öl verschmutzten Stränden. "Viele natürliche Organismen, die Biotenside produzieren, eignen sich schlicht nicht für die Herstellung von Biotensiden in industriellen Mengen. Etwa, weil sie von sich aus nur geringe Mengen von Biotensiden produzieren. Zum anderen ist der Produktionsprozess technisch höchst anspruchsvoll", erklärt Evonik-Forscher Wenk.

Beispiel Schaum: Die Bildung von Schaum ist eine der wichtigsten – vom Verbraucher gewünschten – Eigenschaften von Tensiden. Für die Produktion im Fermenter ist Schaumbildung recht problematisch, lässt sich aber nicht ganz verhindern. Denn die Nährlösung mit den Organismen, die Biotenside produzieren, muss gerührt und mit großen Mengen Sauerstoff versorgt werden. Beides führt automatisch zu Schaumbildung. Den Wissenschaftlern von Evonik ist es durch geschickte Prozessführung gelungen, die unerwünschte Schaumbildung im Fermenter zu verringern – und so die Produktion in industriellen Mengen zu ermöglichen.

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