Neues zur Entstehung des Lebens

Bausteine der Erbsubstanz könnten in hydrothermalen Gesteinsporen entstanden sein

19.04.2016 - Deutschland

Jülicher Forscher liefern einen Hinweis darauf, wie ein zentraler Bestandteil der Erbsubstanz vor sehr langer Zeit auf der Erde entstanden sein könnte. Mit Hilfe numerischer Berechnungen zeigten sie, dass es in hydrothermalen Gesteinsporen zu hohen Anreicherungen des organischen Moleküls Formamid kommen kann. Daraus können spontan Nukleinbasen entstehen, die Bausteine von DNA und RNA. Die dafür notwendigen Bedingungen waren in urzeitlichen flachen Gewässern wahrscheinlich weit verbreitet. Die Ergebnisse helfen, die Entstehung des Lebens auf der Erde besser zu verstehen.

Copyright: Forschungszentrum Jülich

Die Bildcollage zeigt rechts vorne poröses Basaltgestein. Temperaturdifferenzen, die zum Beispiel durch vulkanische Aktivität entstehen, können zur Konzentration gelöster Formamidmoleküle (kleine Molekülmodelle) am kältesten Punkt der Porenböden führen (Schema in der Mitte). Dort wird die Synthese von Nukleinbasen (mittelgroße Modelle) und Erbsubstanz (Modell ganz links) möglich.

Wie das Leben auf der Erde entstanden ist, wissen wir nicht genau. Vor etwa 4 Milliarden Jahren ist unser Planet erstmals soweit abgekühlt, dass flüssiges Wasser die Oberfläche bedeckte. Die ersten Hinweise auf Leben finden sich in Fossilien, die rund 3,5 Milliarden Jahre alt sind. Was dazwischen passiert ist, ist unklar. Etliche Bausteine des Lebens konnten aber inzwischen im Labor unter Bedingungen erzeugt werden, wie sie in der Frühzeit der Erdgeschichte geherrscht haben müssen.

Jülicher Forscher zeigen nun, wie sich die ersten Nukleinbasen gebildet haben könnten. Die kleinen organischen Moleküle sind ein Bestandteil der DNA und der RNA, jener Makromoleküle, die die Erbinformationen speichern und verarbeiten. "Der Ausgangspunkt unserer Forschung war, dass sich alle bekannten Nukleinbasen aus konzentrierten wässrigen Formamidlösungen herstellen lassen", erläutert Dr. Simone Wiegand vom Institute of Complex Systems des Forschungszentrums Jülich. "Formamid war in den Meeren und Seen der frühzeitlichen Erde vorhanden, aber nicht in ausreichender Konzentration", weiß die Physikerin.

Für die Nukleinbasensynthese sind außerdem hohe Temperaturen und ein hoher Druck nötig. Beides findet man in porösem Gestein heißer Quellen, in so genannten hydrothermalen Poren. Dass dort auch ausreichend hohe Formamidkonzentrationen erreicht werden konnten, fand Wiegand nun gemeinsam mit ihren Kollegen heraus: Die Kombination zweier physikalischer Prozesse – Thermophorese und Konvektion – ist in der Lage, das gelöste Formamid in den Poren soweit zu konzentrieren, dass einer Nukleinbasensynthese nichts mehr im Weg steht.

Thermophorese bezeichnet das Phänomen, dass Teilchen sich in einer Flüssigkeit gerichtet bewegen, wenn es ein Temperaturgefälle gibt. Meist, auch im Fall des Formamids, wandern die Teilchen von den wärmeren zu den kälteren Bereichen der Flüssigkeit, bis die Konzentration so hoch ist, dass ein Gleichgewicht entsteht. Konvektion ist eine durch einen Temperaturgradienten erzeugte Flüssigkeitsströmung, die Teilchen mitreißt.

Im Fall von länglichen Gesteinsporen führt die kreisfömige Konvektionsströmung zusammen mit der Thermodiffusion in Richtung des kälteren Bereichs dazu, dass sich Formamid am kältesten Punkt der Porenböden anreichert. Das Temperaturgefälle und das Verhältnis von Porenlänge und –breite bestimmen die Formamidkonzentration. Den quantitativen Zusammenhang berechneten die Forscher numerisch. Solche Näherungsverfahren kommen dann zum Einsatz, wenn Rechnungen mit zu vielen Variablen sich nicht exakt lösen lassen. In die Berechnung gingen die stoffabhängigen physikalischen Konstanten ein, die die thermophoretischen Eigenschaften von Formamid ausmachen. Diese hatten die Forscher vorher experimentell bestimmt.

"Während der Zeit, in der das Leben auf der Erde entstanden sein muss, konnten in porösem Gestein in flachen Seen die Konzentrationen von Formamid erreicht werden, die für die Bildung von Nukleinbasen notwendig sind“, fasst Wiegand zusammen. „Nun stellt sich die Frage, wie die entstandenen Bausteine sich zu größeren Makromolekülen zusammensetzen konnten. Hierbei könnte, wie bei anderen Prozessen bereits nachgewiesen, die mineralische Oberfläche des Gestein eine katalysierende Rolle spielen."

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