Bakterien produzieren Bioplastik
Peter Winandy
Problematische Kunststoffabfälle
„Die EU macht strenge Vorgaben für das Recycling von Kunststoffabfällen“, erklärt Blank. „Bis 2020 sollen 50 Prozent der PET-Kunststoffe, die man etwa als Getränkeflaschen kennt, recycelt werden. Aktuell sind es 30 Prozent. Und PU-Schäume, die für Matratzen, Autositze oder als Dämm-Materialien verwendet werden, sollen sogar zu 70 Prozent wiederverwertet werden. Im Moment werden unter fünf Prozent recycelt.“ Die meisten dieser Abfälle wandern hierzulande in Müllverbrennungsanlagen, obwohl sie eigentlich ein Wertstoff sind – wenn auch ein problematischer. Manche Kunststoffe brauchen etwa 500 Jahre, bis sie vollständig zersetzt sind. In vielen Ländern ohne funktionierende Entsorgung landen die Plastikabfälle in der Landschaft oder im Meer, wo sie große Schäden anrichten.
Plastikfressende Organismen
Die strengen Recyclingquoten der EU könnten langfristig erreicht werden, wenn es den Forschern gelingt, die Bakterien zu plastikfressenden Organismen zu machen. Die Gutachter, die den Projektantrag vorher prüften, gaben grünes Licht. „Wir stehen vor großen Herausforderungen, weil einige Prozesse bisher nur in Einzelschritten bekannt sind, manche sogar nur in der Theorie“, betont Blank. In dem Konsortium werden jetzt Experten aus den Bereichen Synthetische Biologie, Metabolic Engineering, Enzymologie, Prozesstechnik, Polymerwissenschaft und Umweltforschung ihre Expertise einbringen.
Die Forschergruppe plant folgende Schritte: Zuerst setzen sie den zerkleinerten Plastikabfällen Enzyme zu, damit diese die Bindungen der Polymere in Monomere als Einzelbausteine aufspalten. Im zweiten Schritt „fressen“ Bakterien die Monomere, um sie in einem dritten in Bioplastik umzuwandeln, wobei sie sogar bestimmte Eigenschaften „einbauen“. Abschließend scheiden die Bakterien dann Bioplastik-Bausteine aus.
Verknüpfung der einzelnen Schritte
Der letzte Schritt ist derzeit noch ein theoretischer: Sollte das Prinzip im Labor funktionieren, müssten die Bakterien nach dem dritten Schritt nicht wie bislang „sterben“, damit die Forscher an das Bioplastik gelangen, sondern die winzigen einzelligen Lebewesen könnten überleben und die Schritte zwei und drei ständig wiederholen. Blank: „Es geht aber nicht nur darum, die einzelnen Schritte umzusetzen. Wir müssen sie miteinander verknüpfen und die entsprechenden Werkzeuge dafür entwickeln.“ Nach vier Jahren soll dann der gesamte Prozess im Labormaßstab funktionieren. Die Entwicklung bis zum industriellen Maßstab, bei denen Bakterien tonnenweise Plastikabfälle fressen und in Bioplastik umwandeln, wird aber noch entsprechende Zeit brauchen. Die RWTH-Forscher sind aber zuversichtlich, Lösungsansätzen in den nächsten Jahren näherzukommen.
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