Tiermodell für spezielle Bewegungsstörung entwickelt

Ursachen der Spinalen Cerebellären Ataxie sollen erforscht werden

18.06.2015 - Deutschland

Forscher der Ruhr-Universität Bochum (RUB) haben ein Mausmodell für die menschliche Krankheit SCA6 etabliert, eine Bewegungsstörung, die durch genetische Defekte ähnlich wie bei der Chorea Huntington ausgelöst wird. Damit sollen die Ursachen der Krankheit im Detail erforscht werden. Erste Studien geben Hinweise darauf, dass Probleme beim Konditionierungslernen ein Frühsymptom der Störung sein könnten. Das Team vom Lehrstuhl für Allgemeine Zoologie und Neurobiologie berichtet in der Zeitschrift „Journal of Neuroscience“, deren Editor das Thema in einem Kommentar hervorgehoben hat.

Spinale Cerebelläre Ataxie: Veränderung eines Calciumkanals in Kleinhirnzellen

Die Abkürzung SCA6 steht für Spinale Cerebelläre Ataxie vom Typ 6. Diese Bewegungsstörung geht einher mit einem Verlust einer speziellen Sorte von Nervenzellen im Kleinhirn, den Purkinjezellen. Sie verarbeiten Sinnesinformationen und senden zwecks Bewegungssteuerung Signale an andere Hirnbereiche. Die Krankheit entwickelt sich in der zweiten Lebenshälfte und bindet Patienten häufig an den Rollstuhl; Therapien gibt es bisher nicht. „Um zu verstehen, wie die Krankheit entsteht, und um mögliche Behandlungen zu entwickeln, war es notwendig, ein Mausmodell zu etablieren“, sagt die Bochumer Forscherin Dr. Melanie Mark.

Modifikation eines einzigen Proteinfragmentes erzeugt Symptome

Es ist bekannt, dass SCA6 zu den sogenannten Polyglutaminkrankheiten gehört, wie auch die Chorea Huntington. Dabei enthalten Proteine an bestimmten Stellen zu viele Wiederholungen der Aminosäure Glutamin. Das Team um Prof. Dr. Stefan Herlitze nutzte ein menschliches Calciumkanalfragment, das solche Glutaminwiederholungen von SCA6-Patienten trägt, und brachte es in die Purkinjezellen von Mäusen ein. Dieses Proteinfragment reichte aus, um SCA6-ähnliche Symptome hervorzurufen.

Lidschlagkonditionierung beeinträchtigt

Bevor die Tiere jedoch Bewegungsstörungen entwickelten, traten andere Probleme auf. Die physiologischen Eigenschaften der Purkinjezellen änderten sich; das Konditionierungslernen der Tiere war beeinträchtigt: Die Forscher präsentierten den Mäusen einen Ton gefolgt von einem Luftstoß aufs Auge. Gesunde Tiere lernen, die Augen zu schließen, wenn sie den Ton hören, bevor der Luftstoß erfolgt. Tiere mit dem veränderten Calciumkanal hingegen lernten diese Assoziation nicht. „Die Lidschlagkonditionierung als nichtinvasives Verfahren könnte es möglich machen, Krankheiten, die im Kleinhirn entstehen, schon früh zu erkennen, bevor die eigentlichen Bewegungsstörungen auftreten“, schlägt Stefan Herlitze vor.

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