Universitätsklinikum Heidelberg und Sanofi gründen Forschungsallianz gegen Knochenmarkkrebs

Neuer Wirkstoff soll erkrankte Immunzellen im Knochenmark blockieren

07.05.2015 - Deutschland

Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg und des Gesundheitsunternehmens Sanofi erforschen ab sofort gemeinsam molekulare Grundlagen der Amyloidose, einer seltenen Erkrankung des Knochenmarks, und des Multiplen Myeloms, einer Krebserkrankung des Knochenmarks. Ziel ist es, die Erkenntnisse in die Entwicklung eines neuen, ergänzenden Therapieansatzes einzubringen. Sanofi fördert das nun gestartete Kooperationsprojekt am Universitätsklinikum zunächst zwei Jahre mit insgesamt 1,4 Millionen Euro. Beide Teams werden in dieser Zeit untersuchen, wie sich ein spezielles Oberflächenprotein von Knochenmarkzellen, das so genannte CD38, auf Krankheitsverlauf und Prognose auswirkt. Im Fokus der Forscher steht außerdem, ob sich CD38 als Angriffsziel für ein künstlich hergestelltes Protein eignet, einen so genannten Antikörper, der ausschließlich an CD38 bindet. Ziel ist es, dank der gebündelten Expertise beider Partner den neuen Wirkstoff möglichst schnell für klinische Studien mit Patienten vorzubereiten. Projektpartner am Universitätsklinikum ist die Abteilung Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie unter der Leitung von Professor Dr. Anthony D. Ho, in Zusammenarbeit mit dem Pathologischen Institut (Direktor: Professor Dr. Peter Schirmacher).

Beim Multiplen Myelom, an dem jährlich in Deutschland rund 5.800 Menschen neu erkranken, sind bestimmte Immunzellen im Knochenmark, die Plasmazellen, krankhaft verändert. Sie vermehren sich übermäßig, verdrängen mit der Zeit das gesunde Knochenmark und verursachen Knochenschäden. Bei der so genannten Leichtketten-Amyloidose geben veränderte Plasmazellen fehlerhaft geformte Eiweiße, die sogenannten Leichtketten, ins Blut ab. Diese können sich in spezieller Form (genannt Amyloid) in verschiedenen Organen ablagern und dort schwere Schäden verursachen. Bisher gibt es keine Verfahren, abgelagertes Amyloid wieder aus den Organen zu lösen. Die Produktion und Ablagerung weiteren Amyloids muss daher möglichst schnell gestoppt werden.

Derzeit verfügbare Therapien bringen meist keine Heilung

„Die Therapien bei Multiplem Myelom und Leichtketten-Amyloidose zielen darauf ab, die veränderten Plasmazellen abzutöten. Je gründlicher das gelingt, desto länger können wir die Erkrankung zurückdrängen“, erklärt Professor Ho. „Eine Heilung erreichen wir mit den derzeit verfügbaren Medikamenten und Chemotherapien aber meist nicht.“ Gemeinsam mit den Kooperationspartnern von Sanofi arbeiten die Heidelberger Myelom- und Amyloidose-Experten nun an einem Behandlungsansatz, der die gängigen Therapien unterstützen und verbessern kann.

Die Wissenschaftler von Sanofi haben einen Antikörper entwickelt, ein Protein, wie es in ähnlicher Form auch vom Immunsystem des Körpers zur Abwehr von Krankheitserregern gebildet wird. Der künstlich hergestellte Antikörper bindet ausschließlich an das Protein CD38, das Plasmazellen im Knochenmark auf ihrer Oberfläche tragen, und blockiert so wichtige Zugangswege zur Zelle. Zwar trifft er dabei theoretisch auch gesunde Plasmazellen. Da diese allerdings bei den Patienten fast vollständig verloren gegangen sind, werden die Patienten durch die neue Behandlung voraussichtlich nicht zusätzlich beeinträchtigt. Langzeiterfahrungen gibt es aber noch nicht.

„Sanofi hat sich seit jeher stark auf dem Gebiet der Onkologie engagiert. Wir freuen uns, dass wir gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg die translationale Medizin auf diesem speziellen Feld der Krebsforschung voranbringen werden”, sagte Jochen Maas, Geschäftsführer Forschung & Entwicklung bei Sanofi Deutschland. “Unsere Partnerschaft zieht Nutzen aus der speziellen Expertise der jeweiligen Organisation. So können wir innovative Ansätze schneller entwickeln und Patienten früher davon profitieren.”

Vor Einsatz am Patienten müssen offene Fragen geklärt werden

Ziel der Wissenschaftler ist es nun, CD38 und seine Wechselwirkung mit dem künstlichen Antikörper weiter zu erforschen. Wichtige Fragen sind dabei unter anderem: Kann CD38 Auskunft über den weiteren individuellen Verlauf der Erkrankung geben? Bleibt die Menge an CD38 auf der Zelle im Verlauf der Erkrankung konstant, um eine ausreichende Angriffsfläche für den Antikörper zu bieten? Lässt die Menge an CD38 auf der Oberfläche der Plasmazelle Rückschlüsse auf die genetischen Veränderungen im Zellkern zu? Welche anderen Zellen tragen noch CD38 an ihrer Oberfläche? Wie stark werden diese durch die Therapie geschädigt? Welche Nebenwirkungen gehen damit einher? „Wenn sich unsere Erwartungen an den Antikörper erfüllen, steht uns bald ein zusätzlicher Behandlungsbaustein zur Verfügung, mit dem wir die gängigen Therapien sehr gezielt und daher schonend ergänzen können“, sagt Ho. Darüber hinaus sei dann auch ein Einsatz bei bestimmten Leukämieformen denkbar.

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