Bioinformatiker vereinfachen Diagnose von genetischen Erkrankungen
Diabetes, Epilepsie, Herzfehler oder Taubheit sind eigentlich schon Erkrankungen. Bei vielen genetischen Krankheitsbildern stellen sie aber nur eines von vielen Symptomen dar. „Das macht es selbst für spezialisierte Fachärzte schwer, auf Anhieb die richtige Krankheit zu finden“, erklärt Marcel Schulz, der am Max-Planck-Institut für Informatik die Arbeitsgruppe „High-throughput Genomics & Systems Biology“ leitet und im Exzellenzcluster „Multimodal Computing and Interaction“ forscht. „Hinzu kommt noch, dass die Krankheiten bei jedem Patienten in unterschiedlicher Ausprägung mit verschiedenen Symptomen auftreten.“ Liegt etwa ein Herzfehler vor, kann der Patient nicht nur daran erkrankt sein, sondern zum Beispiel an seltenen Krankheiten wie dem Miller-Dieker-Syndrom oder dem Cat-Eye-Syndrom leiden, wobei dies abhängig von weiteren Symptomen des Patienten ist.
Zusammen mit Medizinern und Bioinformatikern aus der Arbeitsgruppe von Professor Dr. Peter Robinson an der Charité in Berlin hat Schulz das Programm „Phenomizer“ entwickelt, mit dem Ärzte schneller herausfinden können, woran der Patient leidet. Dieses Verfahren kann beim Großteil aller genetischen Erkrankungen angewendet werden, wie zum Beispiel bei Trisomie 21, dem Morbus Wilson oder dem Marfan-Syndrom. „Wir nutzen eine an der Charité entwickelte große Online-Datenbank, die Human Phenotype Ontology, in der über 10.000 Krankheitsmerkmale strukturiert aufgelistet und 7.500 Erkrankungen zugeordnet sind“, erklärt Schulz. Das neu entwickelte Rechenverfahren durchsucht, vergleicht und gewichtet die Daten nach Symptomen, die der Nutzer vorgibt. Dabei ordnet es die Merkmale bestimmten Krankheiten zu. Der Arzt erhält innerhalb von Sekunden eine Liste mit den wahrscheinlichsten Treffern. Der Vorteil des Programms liegt für Schulz klar auf der Hand: „Der Arzt muss nicht mehr stundenlang in Datenbanken oder Büchern recherchieren. Die Liste hilft ihm, die Krankheit schneller einzukreisen. Außerdem kann er den Patienten noch einmal genauer nach den Symptomen befragen. Dabei weiß er nun aber besser, worauf er achten muss.“
Das Angebot ist bereits seit geraumer Zeit online verfügbar. Damit es auch auf Smartphones oder Tablet-Computern jederzeit abrufbar ist, gibt es den Phenomizer seit kurzem auch als App für das Betriebssystem Android. Sie kann kostenlos auf der Plattform „Google Play“ heruntergeladen werden. „Wir haben sie zusammen mit sechs Saarbrücker Informatik-Studenten entwickelt“, erklärt Schulz. Die Studenten haben die App im Rahmen des Kurses Softwareentwicklung an der Saar-Uni als Projekt erstellt.
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