Schlüsselmerkmal für den Beginn von Parkinson entdeckt

13.05.2014 - Deutschland

Wie kommt es zur Entstehung von neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Parkinson? Wie entsteht Krebs? Bei beiden Fragen hat die Grundlagenforschung unter anderem ein entwicklungsgeschichtlich sehr altes Eiweiß (Protein) im Blick. Das menschliche Eiweiß mit dem Kürzel DJ-1 wird mit beiden Erkrankungen in Verbindung gebracht. Mutationen, die zur Veränderung des Proteins und dessen Funktion führen, wurden offenbar bei bestimmten Formen der Parkinson Krankheit sowie bei einigen Krebserkrankungen identifiziert.

Ein international kooperierendes Wissenschaftlerteam unter Leitung von Prof. Dr. Tiago F. Outeiro am Göttinger Exzellenzcluster und DFG-Forschungszentrum für Mikroskopie im Nanometerbereich und Molekularphysiologie des Gehirns (CNMPB) der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) hat neue Einblicke in die grundlegenden Prozesse gewonnen, die zur Entstehung der Parkinson’schen Erkrankung führen könnten. In Hefezellen konnten sie erstmals ein Schlüsselmerkmal in der zellulären Entwicklung beschreiben, das mit dem Beginn dieser Erkrankung verknüpft ist. Beteiligt ist eine hochkonservierte Familie an Proteinen, die eng mit dem menschlichen Protein DJ-1 verwandt ist.

Die Studie basiert auf einer engen Zusammenarbeit des CNMPB mit Wissenschaftlern der englischen University of Leicester und dem Instituto de Medicina Molecular in Lissabon, Portugal. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse am 31. März 2014 im Wissenschaftsjournal Proceedings of the National Academy of Science (PNAS).

Um die Rolle des Proteins DJ-1 bei der Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen wie Morbus Parkinson zu verstehen, nahmen die Forscher dessen Verwandte in Hefezellen genauer unter die Lupe. Aufgrund großer Ähnlichkeiten zu Säugetierzellen gelten Zellen der Bäckerhefe als ideales Versuchsobjekt für die Untersuchung komplexer grundlegender Prozesse. Wie menschliche Zellen besitzen sie einen doppelten Chromosomensatz und verfügen über eine Vielzahl sehr ähnlicher Proteine. Die Forscher untersuchten die Proteine der Familie Hsp31 aus der Bäckerhefe (Hsp31, Hsp32, Hsp33, Hsp34). Diese Proteine gehören wie das menschliche Protein DJ-1 zu einer entwicklungsgeschichtlich sehr alten und unveränderten Proteinfamilie, der sogenannten hoch-konservierten DJ-1 Superfamilie. „Die zentrale Rolle von Proteinen der DJ-1 Superfamilie bei Prozessen auf Zellebene war bisher unbekannt. Wir wussten nicht, inwiefern Mutationen die Proteinfunktion stören und welche zellulären Prozesse genau dadurch beeinträchtigt werden und diese Erkrankung verursachen“, so die verantwortlichen Autoren der Studie, Prof. Dr. Tiago F. Outeiro und Dr. Flaviano Giorgini.

Gemeinsam mit ihren Teams haben die Wissenschaftler die Hsp31-Familie der Hefeproteine genauer analysiert. Sie konnten erstmals zeigen, dass die Proteine wichtig für das normale Überdauern der Hefezellen sind. Bei Zellstress, wenn z.B. Glukose als Energiequelle verbraucht ist, sich die Zelle also in einem „Kaloriendefizit“ befindet, wird ein Umprogrammieren der Zellen erforderlich, das es erlaubt, andere Bestandteile als Energiequelle heranzuziehen. Die Untersuchungen der Forscher zeigen, dass bei diesem Umschalten (dem sog. diauxischen Shift) Hsp31 Proteine beteiligt und sogar notwendig sind. Den Beweis prüften die Forscher: Sie schalteten die Gene aus, die für die Bildung der Hsp31-Proteine zuständig sind. Dies führte zu einer erhöhten Sterblichkeit der Hefezellen. Außerdem hat das internationale Forscherteam entdeckt, dass Hsp31-Proteine offenbar an der Regulation eines wichtigen Selbstreinigungsprozesses von Hefezellen, der sogenannten Autophagie, beteiligt sind. Die Zellen nutzen solche Prozesse, um sich beschädigter und schädlicher Zellbestandteile zu entledigen. Damit sichern sie ihre Zellerneuerung und tun etwas für den Erhalt gesunder Zellen. Interessanterweise sind diese beiden Prozesse sowohl bei der Parkinson’schen Krankheit als auch bei Krebserkrankungen beeinträchtigt.

Viele Prozesse in Hefezellen laufen genau wie in menschlichen Zellen ab. „Es lässt sich daher schlussfolgern, dass das menschliche DJ-1-Protein eine ganz ähnliche Funktion wie die verwandten Hefeproteine haben könnte“, sagt Erstautorin Leonor Miller-Fleming, Doktorandin am Instituto de Medicina Molecular und der Universität Leicester. „Im nächsten Schritt wird daher zu untersuchen sein, wie genau die Proteine der DJ-1 Familie den Prozess der Autophagie regulieren und ob dies auf humane Nervenzellen übertragbar ist“, sagt Prof. Outeiro. „Dabei stehen besonders die Dopamin-produzierenden Neurone im Fokus, die im Gehirn von Parkinson-Kranken vom Abster-ben betroffen sind.“ Weitere Erkenntnisse, die die genaue Funktion von Proteinen der DJ-1 Superfamilie belegen und zeigen, ob das Protein an der Entstehung der Parkinson’schen Krankheit beteiligt ist, können dann neue Ansätze zur Entwicklung therapeutische Eingriffe und Strategien für die Behandlung von Morbus Parkinson und vielleicht sogar einigen Krebserkrankungen liefern.

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