Erstmals Nasenflügel mit gezüchtetem Gewebe rekonstruiert

14.04.2014 - Schweiz

Forschende der Universität Basel berichten von ersten erfolgreichen Nasenflügelrekonstruktionen, bei denen im Labor gezüchtetes Knorpelgewebe verwendet wurde. Sie haben bei Patienten, bei denen ein Teil der Nase wegen Hautkrebs entfernt werden musste, Knorpelzellen aus der Nasenscheidewand entnommen, vermehrt, auf einer Matrix kultiviert und das entstandene Gewebe wieder eingesetzt. Die Resultate werden in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift «The Lancet» veröffentlicht.

Departement Biomedizin der Universität Basel

Hergestellt aus einer Probe der Nasenscheidewand: weiss glänzendes Knorpelgewebe aus dem Labor.

In Basel konnte kürzlich gezeigt werden, dass eine Rekonstruktion des Nasenflügels mit gezüchtetem Nasenknorpel möglich ist, der mit Methoden des Tissue Engineering aus patienteneigenen Zellen im Labor hergestellt wurde. Diese Technik wurde bei fünf Patienten zwischen 76 und 88 Jahren angewandt, deren Nasenflügel durch Hautkrebs so stark beschädigt waren, dass eine Rekonstruktion erforderlich war. Ein Jahr nach der erfolgreichen Wiederherstellung der Nasenflügel waren alle Empfänger sowohl mit ihrer Fähigkeit zur Nasenatmung zufrieden wie auch mit dem äusseren Erscheinungsbild ihrer Nase. Sie berichteten auch von keinen Nebenwirkungen.

Zellen aus der Nasenscheidewand

Der in dieser Studie behandelte nicht melanomartige Hautkrebs tritt am häufigsten an der Nase, vor allem an den Nasenflügeln, auf, da diese am stärksten und wiederholt der Sonne ausgesetzt sind. Um den Tumor vollständig zu entfernen, müssen die Chirurgen jeweils auch Teile des Nasenknorpels mit wegnehmen. In der Regel werden Transplantate aus der Nasenscheidewand, einem Ohr oder einer Rippe entnommen und für die funktionelle Rekonstruktion der Nase verwendet. Allerdings ist dieses Verfahren äusserst invasiv, schmerzhaft und kann, bedingt durch die zusätzliche Operation, zu Komplikationen an der Entnahmestelle führen.

Das Team vom Departement Biomedizin der Universität Basel hat nun mit Kollegen aus dem Universitätsspital einen alternativen Ansatz entwickelt – und zwar indem sie Gewebe aus Zellen der Nasenscheidewand von Patienten herstellten. Dafür entnahmen sie von dort eine kleine Biopsie, isolierten die Knorpelzellen (Chondrozyten) und vermehrten sie während zwei Wochen in Kultur. Die herangewachsenen Zellen wurden dann auf eine Kollagenmembran aufgebracht und zwei weitere Wochen lang kultiviert, sodass Knorpeltransplantate mit der 40-fachen Grösse der ursprünglichen Probe gezüchtet werden konnten. Die so hergestellten Transplantate wurden auf die Form der defekten Stelle am Nasenflügel zurechtgeschnitten und implantiert.

Neue Möglichkeiten für die Gesichtschirurgie

«Mit dem gezüchteten Knorpel konnten klinische Ergebnisse erzielt werden, die vergleichbar mit den derzeitigen Standardmethoden sind », sagt Prof. Ivan Martin, Professor für Tissue Engineering am Departement Biomedizin an Universität und Universitätsspital Basel. «Die neue Technik könnte dazu beitragen, dass der Körper das Gewebe besser akzeptiert und dass die Stabilität und Funktionalität des Nasenflügels verbessert wird. Unser Erfolg basiert auf einer langjährigen, effizienten Zusammenarbeit zwischen den Forschungsgruppen am Departement Biomedizin und den chirurgischen Disziplinen am Universitätsspital. Die Methode öffnet zudem den Weg zur Nutzung eines künstlichen Knorpels für anspruchsvollere Rekonstruktionen in der Gesichtschirurgie, wie etwa der kompletten Nase, dem Augenlid oder dem Ohr.»

Die gleichen Transplantate werden derzeit in einer Parallelstudie für die Knorpelrekonstruktion im Kniegelenk getestet. Trotz der optimistischen Aussichten liegt die routinemässige Anwendung des Verfahrens in der klinischen Praxis aber noch in weiter Ferne. Nötig seien, so Martin, eine strenge Beurteilung der Wirksamkeit an grösseren Patientengruppen und die Entwicklung von Geschäftsmodellen und Herstellungsarten, um die Kosteneffizienz der Methode sicherzustellen und ein Einführung in die klinische Routine zu ermöglichen.

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