Parkinson: Spurensuche im Gehirn

04.04.2014 - Deutschland

Am Anfang lässt sich die Parkinson-Krankheit mit Medikamenten oft relativ gut beherrschen. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung aber kann die Therapie selbst zum Auslöser von ungewollten Bewegungen werden. Warum ist das so? Mediziner der Würzburger Uniklinik verfolgen eine interessante Spur.

Dr. Ken Herrmann

Im Gehirn von Parkinson-Patienten nimmt mit der Zeit die Zahl der dopaminergen Nervenzellen ab (gelbe Flächen). Links ein gesundes Gehirn, rechts ein Parkinson-Patient.

Robert Emmerich

Professor Ioannis Isaias forscht an der Neurologischen Klinik der Universität Würzburg über die Vorgänge, die bei der Parkinson-Krankheit im Gehirn ablaufen.

Dr. Ken Herrmann
Robert Emmerich

Die Parkinson-Erkrankung wird diagnostiziert, wenn ihre motorischen Hauptsymptome – Muskelsteife, Verlangsamung der Bewegungen und häufiges Zittern – gemeinsam auftreten. Die Ursache der Erkrankung liegt im Gehirn. Die motorischen Beschwerden korrelieren in der Gehirnregion Substantia nigra mit dem Absterben von Nervenzellen, die den Botenstoff Dopamin produzieren.

Ein Medikament, das Parkinson-Patienten hilft, ist L-Dopa. Es gleicht den Dopamin-Mangel im Gehirn aus. Mit wenigen Tabletten am Tag können viele Betroffene über Jahre hinweg relativ gut mit der Krankheit leben und ihren Alltag meistern. Allerdings kann L-Dopa das fortschreitende Absterben der Gehirnzellen nicht stoppen.

Die Effektivität der L-Dopa-Therapie verändert sich daher mit fortschreitender Krankheitsdauer, weil sich die Anzahl der Zellen, die L-Dopa benutzen können, vermindert. Außerdem verändert sich die Aktivität der verbleibenden Zellen, was zu neuen Bewegungsstörungen (z.B. Dyskinesien: ungewollte Überbewegungen; On-Off-Phänomene: plötzlicher Wechsel von guter zu schlechter Beweglichkeit etc.) führen kann.

Dyskinesien bekommen nicht alle Patienten

„Zu Dyskinesien kommt es bei vielen Patienten im Verlauf der Therapie“, sagt Professor Ioannis Isaias von der Neurologischen Universitätsklinik Würzburg. Warum treten diese unkontrollierbaren Zuckungen der Arme oder Beine bei manchen Patienten auf, bei anderen aber nicht? Was lässt sich dagegen tun? Das möchte ein Team von Neurologen und Nuklearmedizinern in Würzburg jetzt herausfinden.

Aus Untersuchungen am Tiermodell ist bekannt, dass bei der Entstehung der Dyskinesien mehrere Botenstoffsysteme des Gehirns beteiligt sind, wie zum Beispiel das cholinerge System. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass die Aktivität des cholinergen Systems eine nervenschützende Wirkung auf das Dopamin-System haben könnte, das bei Parkinson-Patienten ja hauptsächlich beeinträchtigt ist.

Aufschlussreiche Bilder aus dem Gehirn

Bevor sich aus dieser Erkenntnis vielleicht neue Medikamente entwickeln lassen, muss die Wissenschaft noch grundlegende Fragen klären: Wie sehen die Wechselwirkungen aus, die im Gehirn von Parkinson-Patienten zwischen dem Dopamin-System und dem cholinergen System ablaufen? Was unterscheidet Patienten, die bei der Einnahme von L-Dopa keine Dyskinesien bekommen, von Patienten, die davon betroffen sind?

Diesen Fragen gehen die Würzburger Mediziner mit der sogenannte SPECT-Technik nach (Single Photon Emission Computer Tomography). Diese Technik erlaubt die funktionelle Darstellung der Vorgänge im Gehirn. Die Forscher verwenden dabei auch spezielle neue Marker, welche die Aktivitäten des cholinergen Systems sichtbar machen. Entwickelt wurden sie von Professor Samuel Samnick aus der Würzburger Nuklearmedizin.

Studie mit Würzburger Patienten

Die Wissenschaftler führen ihre Studie an der Neurologischen Universitätsklinik in Zusammenarbeit mit dem Team von Klinikdirektor Professor Jens Volkmann durch. Rund 100 Parkinson-Patienten sollen zunächst Marker verabreicht bekommen, die im Gehirn gezielt an das cholinerge System binden. Mittels einer 40 Minuten dauernden SPECT-Untersuchung entstehen schließlich detaillierte Einblicke in den Gehirnstoffwechsel von Patienten mit und ohne Dyskinesien.

Die Ergebnisse werden voraussichtlich Anfang 2015 vorliegen. Was sich Professor Isaias im Idealfall davon erhofft, beschreibt er so: „Vielleicht können wir damit künftig vorhersagen, bei welchen Parkinson-Patienten unter L-Dopa Dyskinesien auftreten werden, und vielleicht bekommen wir dadurch auch neue Anhaltspunkte dafür, wie wir diesen Patienten besser helfen können.“

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