Den zweiten genetischen Code der Niere entschlüsseln

Nierenforscher der Universitätsmedizin Göttingen untersuchen epigenetische Ursachen chronischer Nierenerkrankungen

18.03.2014 - Deutschland

Etwa 15 Prozent der Erwachsenen in Deutschland haben eine chronische Funktionsstörung der Niere. Derzeit lassen sich für die Patienten keine sicheren Aussagen treffen, wie die Erkrankung verläuft. Schreitet die Nierenerkrankung fort, gibt es keine effektiven Therapien, um die Niere langfristig zu schützen. Die Forscher um Prof. Dr. Michael Zeisberg, Leiter der Experimentellen Nephrologie in der Klinik für Nephrologie und Rheumatologie (Direktor: Prof. Dr. Gerhard Anton Müller) an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), fanden jetzt heraus, dass ein Enzym der Niere helfen kann, sich selbst zu schützen. Jetzt wollen sie herausfinden, wie sie dieses Wissen zukünftig für die Therapie von chronischen Nierenerkrankungen einsetzen können. Die Forschungsergebnisse sind in der amerikanischen Fachzeitschrift Journal of the American Society of Nephrology erschienen.

„Nur bei relativ wenigen Patienten schreitet die chronische Nierenfunktions-Störung bis zur dialysepflichtigen Niereninsuffizienz fort. Bisher können wir jedoch keine sichere Vorhersage treffen, wie der Verlauf beim einzelnen Patienten sein wird. Diese Unsicherheit erschwert auch eine gezielte Therapie. Um das zu ändern, erforschen wir die Niereninsuffizienz mit Augenmerk auf die Veränderung der Gene, die Epigenetik. Wir hoffen so einen Ansatz gefunden zu haben, um chronische Nierenerkrankungen in Zukunft behandeln zu können“, sagt Prof. Zeisberg.

Eine mögliche Erklärung dafür, dass sich die Niereninsuffizienz von Patient zu Patient unterschiedlich entwickelt, ist die Epigenetik. Sie wird auch als „der zweite genetische Code“ bezeichnet und beschreibt stabile Veränderungen der Erbsubstanz, welche die Aktivität einzelner Gene bestimmen. Epigenetik befasst sich also mit den Fragen, welche Faktoren die Aktivität eines Gens und damit die Entwicklung der Zelle festlegen und ob sie vererbt werden. Epigenetik trägt unter anderem dazu bei, dass sich eineiige Zwillinge mit identischer genetischer Information mit zunehmendem Alter unterschiedlich entwickeln.

Die Selbstheilung der Niere aktivieren

In ihrer Arbeit konnten die Forscher nachweisen, dass das Fortschreiten chronischer Nierenerkrankungen mit einer epigenetischen Abwandlung einhergeht, der sogenannten „Hypermethylierung“ des Gens „RASAL1“. Das heißt, dieses Gen ist verändert, ohne mutiert zu sein. Um herauszufinden, ob eine Therapie nur dann erfolgreich sein kann, wenn die Veränderung des Epigenoms wieder korrigiert wird, haben die Forscher Gewebe von Mäusen analysiert. Die Mäuse waren erfolgreich mit dem Bone Morphogenic Protein7 (BMP7) behandelt worden. BMP7 ist ein potentielles anti-fibrotisches Molekül, das die nierenschützende Wirkung des körpereigenen Proteins nachahmt. Die Forscher fanden heraus: Normalisiert man das Epigenom, ist die Niere geschützt. Dieser Schutz wird von dem Enzym Tet3 vermittelt.

Die Niere besitzt durch das Enzym Tet3 also einen eigenen Mechanismus, der die pathologische Methylierung wieder korrigieren kann. Das bedeutet: Die Niere kann ihre eigene Epigenetik selbst re-programmieren. Derzeit suchen die Nierenforscher nach weiteren Möglichkeiten, den körpereigenen Re-Programmier-Mechanismus der Niere therapeutisch zu nutzen. Außerdem laufen Studien, um zu testen, ob die Epigenetik als Biomarker für Nierenerkrankungen genutzt werden kann.

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