Forscher beleben erstmals Enzym wieder
Reaktivator für zerstörtes Myosinmotorprotein gefunden
Quelle „elife/Manstein“
„Proteine dienen in unserem Körper als Katalysatoren von Stoffwechselreaktionen, als strukturgebende Bausteine, molekulare Maschinen und Motoren. Im Alter nehmen sowohl die Produktion neuer Proteine als auch die Leistungsfähigkeit körpereigener Reparaturmechanismen ab. Die Aktivität, Genauigkeit und strukturelle Integrität von Proteinen wird dadurch zunehmen verringert“, betont der Leiter des Instituts für Biophysikalische Chemie. „Mit dem Wirkstoff könnten die damit verbundenen Alterungsprozesse aufgehalten werden.“ Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher nun in dem Online-Journal „elife“.
Das Team um Professor Manstein untersucht Substanzen, die an sogenannte allosterische Taschen im Myosinmotor binden, um so gezielt seine Funktion zu verändern. Mit Röntgenkristallstrukturanalysen, Mutationsversuchen und computergestützten Simulationen stellten die Wissenschaftler fest, an welcher Stelle des Proteins das EMD 57033 bindet. In weiteren Versuchen beobachteten die Wissenschaftler eine überraschende Veränderung: Normalerweise verliert das isolierte Protein recht schnell seine Motoraktivität. Geben die Forscher jedoch das Wirkstoffmolekül EMD 57033 dazu, behält das Protein seine Aktivität. Selbst inaktives Protein wird durch den Wirkstoff wieder aktiviert. Die Forscher erhitzen es auf 51 Grad Celsius, um so die Struktur sowie die Funktion des Proteins absichtlich zu zerstören. Die anschließende Zugabe von EMD 57033 sorgte dafür, dass der Myosinmotor innerhalb von Minuten wieder richtig gefaltet wurde und seine Funktion wiedererlangte.
Die Forscher gingen noch einen Schritt weiter: Das Team um Professorin Hilfiker-Kleiner untersuchte, ob die Zugabe von EMD 57033 zu durch Hitze gestressten Herzmuskelzellen Auswirkung auf die Zellen hat. „Wir konnten feststellen, dass der Wirkstoff die Herstellung eines für Herzschwäche typischen Stressmarkers unterdrückt“, sagt Professorin Hilfiker-Kleiner. „Der Effekt ist aber sehr kurzfristig und wird schnell kompensiert. Vermutlich greifen hier Schutzmechanismen, damit die Zellen nicht überlastet werden.“ Und Professor Manstein ergänzt: „Theoretisch könnte man nach einem Herzinfarkt oder bei einer Herzschwäche mit EMD 57033 das verbleibende funktionstüchtige Gewebe zumindest für einige Zeit stärken, ohne dass der Herzmuskel mehr Energie dafür benötigt. Auch der Einsatz bei der Lagerung von Spenderherzen auf Eis könnte sinnvoll sein, um für die Integrität des Muskelgewebes zu sorgen.“
EMD 57033 ist eine von der Merck KGaA in Darmstadt für Forschungszwecke zur Verfügung gestellte Substanz. An der MHH untersuchten zudem Professorin Dr. Theresia Kraft und Professor Dr. Bernhard Brenner, MHH-Institut für Molekular- und Zellphysiologie, von EMD 57033 verursachte physiologische Veränderungen am Herzmuskel.