Glyphosat: Nicht giftiger als angenommen
Bestimmte Beistoffe sind kritisch zu betrachten
Glyphosat ist weltweit einer der am meisten eingesetzten Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln, die zur Verhinderung von unerwünschtem Pflanzenwuchs im Kulturpflanzenbau oder zur Beschleunigung des Reifeprozesses bei Getreide (Sikkation) verwendet werden. Glyphosat hemmt ein Enzym, das in Pflanzen für die Biosynthese bestimmter Aminosäuren essenziell ist. Dieses Enzym kommt bei Tieren und beim Menschen nicht vor.
Derzeit wird im Rahmen der EU-Wirkstoffprüfung geprüft, ob eine weitere Genehmigung des Wirkstoffes Glyphosat für den Einsatz in Pflanzenschutzmitteln möglich ist. Berichterstattender Mitgliedsstaat im EU-Verfahren ist Deutschland. Der Entwurf des Berichtes ist abgeschlossen und vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) als der koordinierenden Behörde an die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) übergeben worden. Für die gesundheitliche Bewertung hat das dafür zuständige BfR zusätzlich zur erneuten Bewertung der bereits in die erste Wirkstoffprüfung eingeflossenen Dokumente mehr als 150 neue, nach den OECD-Guidelines und der Guten Laborpraxis (GLP) durchgeführte toxikologische Originalstudien und über 900 neu in wissenschaftlichen Zeitschriften publizierte Studien geprüft und ausgewertet.
Die Analyse der zahlreichen neuen Dokumente ergibt keine Hinweise auf eine krebserzeugende, reproduktionsschädigende oder fruchtschädigende Wirkung durch Glyphosat bei den Versuchstieren. Sie geben auch keinen Anlass, die gesundheitlichen Grenzwerte, insbesondere der täglich duldbaren Aufnahmemenge (ADI) wesentlich zu verändern. Bestehende Rückstandshöchstgehalte sind nach wie vor sicher für Verbraucher. Sie decken sowohl Anwendungen zur Unkrautbekämpfung als auch den Einsatz als Sikkationsmittel ab. Bei Bedarf könnten einzelne Höchstgehalte für Glyphosat auch ohne Gefahr für Verbraucher angehoben werden, wenn dies aufgrund einer geänderten fachlichen Praxis, neuer Anwendungsgebiete oder neu beantragter Importtoleranzen erforderlich wäre.
Aus den zahlreichen ausgewerteten Dokumenten ergibt sich jedoch, dass die Toxizität bestimmter glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel aufgrund der darin enthaltenen Beistoffe, zum Beispiel Tallowamine als Netzmittel, höher sein kann als die des Wirkstoffes. Das wird bei der Zulassung glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel vom BfR berücksichtigt.
Darüber hinaus hat ein vom BfR initiiertes und von der Tierärztlichen Hochschule Hannover durchgeführtes Forschungsprojekt erstmals den Einfluss eines glyphosat- und tallowaminhaltigen Pflanzenschutzmittels auf den Stoffwechsel und die mikrobielle Population des Vormagens bei Wiederkäuern untersucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen, dass der Wirkstoff Glyphosat und die Beistoffe keinen negativen Einfluss auf die Mikroflora des Vormagens haben. Es gibt auch keine Hinweise, dass Bakterien der Spezies Clostridium sich unter dem Einfluss von Glyphosat verstärkt vermehren.
Neben dem BfR waren als weitere Bewertungsbehörden das Umweltbundesamt und das Julius Kühn-Institut sowie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit als Risikomanagementbehörde mit der Neubewertung von Glyphosat befasst.
Der deutsche Entwurf des Berichtes für die Gesamtbewertung von Glyphosat ist die Grundlage für die öffentliche Konsultation mit allen interessierten Stakeholdern sowie für die anschließende Diskussion mit den Experten der Mitgliedstaaten im so genannten Peer Review-Verfahren. Beides wird von der EFSA gesteuert und voraussichtlich Ende 2014 abgeschlossen sein. Alle Bewertungsberichte und wissenschaftlichen Stellungnahmen, die zur öffentlichen Konsultation vorgesehen sind, können auf der EFSA-Website eingesehen und kommentiert werden.