EU-Forschungsprojekt "Nano3Bio" startet
Nano3Bio
Während das Erdöl langsam zur Neige geht, gewinnen nachwachsende Ressourcen an Bedeutung. Künftig muss die biologische Herstellung von Rohstoffen laut Experten eine noch größere Rolle spielen, um den Bedarf umweltgerecht zu decken. Dieser Herausforderung stellt sich jetzt ein internationales Konsortium aus Forschungsinstituten und Unternehmen, allen voran das Team um Prof. Dr. Bruno Moerschbacher vom Institut für Biologie und Biotechnologie der Pflanzen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU). Ziel ist die biotechnologische Produktion sogenannter Chitosane, die als Rohstoffe für Medizin, Landwirtschaft, Wasseraufbereitung, Kosmetik, Papier- und Textilindustrie sowie zahlreiche andere Einsatzgebiete von Bedeutung sind. Um dieses Potenzial zu erschließen, fördert die Europäische Kommission bis 2017 das Forschungsprojekt "Nano3Bio" mit insgesamt fast neun Millionen Euro. Neben den Biologen der WWU sind Universitäten und Forschungsinstitute sowie Unternehmen aus Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Indien, den Niederlanden, Schweden und Spanien beteiligt.
"Mit dem 'Nano3Bio'-Projekt geht ein wissenschaftlicher Traum in Erfüllung", unterstreicht Bruno Moerschbacher, "denn in diesem starken Konsortium lassen sich bahnbrechende Fortschritte von der Grundlagenforschung bis hin zur biotechnologischen Produktion von Chitosanen erzielen". Bisher werden Chitosane meist auf chemischem Weg aus begrenzt verfügbaren Rohstoffen wie den Schalen von Krabben gewonnen. In biotechnologischen Verfahren sollen speziell präparierte Pilze, Bakterien oder Algen die Herstellung der begehrten Stoffe übernehmen. Eine Hoffnung der Forscher ist, dass dies weniger aufwendig sowie energiesparender und umweltfreundlicher sein wird als die bisherigen Verfahren. Ebenso wichtig ist es dem Konsortium, die chemischen Verfahren durch biologische Methoden zu ersetzen, um qualitativ noch bessere und besonders natürliche Chitosane zu gewinnen. Bruno Moerschbacher erklärt: "Sollte uns der Durchbruch gelingen, wäre dies ein großer Erfolg, der auch riesiges ökonomisches Potenzial birgt." Doch das Vorhaben ist anspruchsvoll: Beispielsweise gilt es zu ermitteln, welche biologischen Organismen am besten in der Lage sind, exakt die Qualität von Chitosan zu produzieren, die für eine bestimmte Anwendung benötigt wird.
Die biochemische Qualität verschiedener Chitosane ist mindestens so unterschiedlich wie die Einsatzgebiete. Beispielsweise eignet sich ein Chitosan zur Veredlung von Saatgut und trägt durch Schutz vor Schädlingen zu ertragreicheren Ernten bei. Ein anderes wirkt in Sprühpflastern antibakteriell und beschleunigt eine narbenfreie Wundheilung. In Medikamenten können spezielle Chitosane dafür sorgen, Wirkstoffe dorthin zu transportieren, wo sie menschlichen Zellen helfen sollen – zum Beispiel im Gehirn oder in Krebszellen. Die Forscher vermuten, dass sich viele weitere Einsatzgebiete finden lassen, in denen Chitosane andere Substanzen ersetzen oder qualitativ übertreffen können. Das sei häufig auch darum sinnvoll, weil eine der zahlreichen vielversprechenden Eigenschaften dieser Stoffe darin bestehe, dass sie vom menschlichen Körper gut vertragen und in der Umwelt leicht abgebaut werden.