Harter Preiskampf im Milliardenmarkt für Biosimilars erwartet

Umfrage unter mehr als 80 Führungskräften international tätiger Pharmakonzerne aus 16 Ländern und vier Kontinenten

18.12.2013 - Deutschland

Die gefürchtete „Patentklippe“ wird sich künftig deutlich vom Molekular-Segment in Richtung Biologicals verlagern. Bis 2020 werden neun der zehn meistverkauften biologischen Präparate ihren Patentschutz verlieren - das betrifft allein für die zehn erfolgreichsten Biologicals weltweite jährliche Umsätze von mehr als 62 Milliarden US-Dollar, die durch Biosimilars ersetzt werden können. Dennoch erwarten die weltweiten Pharmakonzerne durch den Aufschwung der Biosimilars keine grundlegende Revolution des pharmazeutischen Produktportfolios. Das ist eines der Ergebnisse des zweiten „CAMELOT Management Consultants PHARMA Management Radars", einer Umfrage unter mehr als 80 internationalen Branchen-Führungskräften. Die Umfrage hat das Ziel, das allgemeine Geschäftsklima in der globalen Pharmaindustrie zu untersuchen und zusätzlich wechselnde aktuelle Management-Themen zu beleuchten – in diesem Fall die Bedeutung von Biosimilars für die Branche. Die Einschätzung der Befragten basiert auf der Annahme, dass die Preise von Biosimilars schon bald nach der Einführung deutlich niedriger liegen werden als die der ehemals patentgeschützten Original-Biologicals. Hinsichtlich der Auswirkungserwartungen von Biosimilars scheint der Markt geteilt zu sein: Mehr als die Hälfte der Unternehmen fühlt sich von ihnen überhaupt nicht betroffen – weder direkt durch ihre eigenen Aktivitäten in diesem Segment, noch indirekt durch einen stärkeren Preisdruck auf ihr Produkt-Portfolio. Etwa die Hälfte der Panel-Mitglieder rechnet nach der Markteinführung mit einem Preis-Niveau von Biosimilars im Bereich eines Drittels des ursprünglichen Originalpräparat-Preises. Einige erwarten sogar einen ähnlich heftigen Preiswettbewerb wie im Bereich der klassischen chemischen Generika. Als Haupthindernis sehen die Teilnehmer, insbesondere jene im Generika-Segment, die notwendigen Investitionen in F&E sowie die Marktzulassung.

„Während die Pharma-Industrie in verschiedenen Regionen Europas noch immer unter der Eurokrise leidet, scheinen einige der etablierten außereuropäischen Märkte im Vergleich zu den Schwellenländern wieder an Bedeutung zu gewinnen: Besonders in Japan und Nordamerika rechnen die Pharmakonzerne wieder mit einer überdurchschnittlichen Umsatzentwicklung. Im Fall USA spielt die Gesundheitsreform des wiedergewählten US-Präsident Obama eine positive Rolle“, erklärt Michael Jarosch, Leiter des Industriesegments Pharmaceuticals & Life Sciences bei CAMELOT Management Consultants. Nach den überraschend positiven Einschätzungen des aktuellen Geschäftsklimas in der letzten PHARMA Management Radar-Umfrage zeigen sich die Experten weiterhin zufrieden. Das trifft insbesondere auf Führungskräfte aus dem Generikasegment zu, die das globale Geschäftsklima als „überwiegend gut“ einstufen. Auch die Entwicklung des Geschäftsklimas in den kommenden zwölf Monaten bewerten die Befragten positiv – insbesondere die forschenden Firmen („Innovatoren“), die zu Beginn des Jahres noch wesentlich pessimistischer gestimmt waren. „Viele der forschenden Pharmafirmen haben sich damit arrangiert, mehr in den Nachweis eines Zusatznutzens ihrer Medikamente investieren zu müssen und beurteilen ihre Zukunft deshalb jetzt positiver“, sagt Jarosch. Die positivere Beurteilung des Geschäftsklimas hängt aber auch mit dem gigantischen neuen Marktpotential zusammen, das sich mit Biosimilars künftig eröffnet. Besonders die Generikahersteller versprechen sich hier einen großen Anteil an einem Geschäft, das ihrer Erwartung nach weniger stark dem Preiskampf ausgesetzt sein wird als ihr Kerngeschäft.

Auffällig ist der regionale Unterschied in den Erwartungen der Generikahersteller und der forschenden Unternehmen an die Entwicklung ihrer Umsätze: Die Innovatoren rechnen in Schwellenmärkten wie China und Afrika mit einer sehr viel deutlicheren Steigerung ihrer Umsätze als die Generikahersteller. Das hängt mit der Tatsache zusammen, dass in diesen Regionen innovative Produkte überwiegend von wohlhabenden Selbstzahlern genutzt werden, die dafür privat höhere Preise bezahlen als die staatlichen Gesundheitssysteme in den etablierten Industrieländern. 

Biosimilars: Milliardenmarkt mit hohen Hürden

Auf die Frage nach den wichtigsten Branchentrends der Pharmaindustrie, nennen zwei Drittel der Generikahersteller und beinahe 40 Prozent der Innovatoren die Bedeutung von Biosimilars. Angesichts der Tatsache, dass das Biosimilars-Geschäft wesentlich mehr Forschung und Entwicklung (F&E) erfordert als das traditionelle Generika-Geschäft, ist es durchaus logisch, dass der F&E-Aspekt sowohl von Generikaherstellern als auch von Innovatoren gleichermaßen als zweiter Top-Trend betrachtet wird. „Obwohl Biosimilars als einer der wichtigsten Branchentrends gesehen werden, fühlen sich erstaunlich große Teile der Branche nicht direkt davon betroffen“, sagt Dr. Axel Sinner, Leiter des Kompetenzzentrums Pharmaceuticals & Life Sciences Commercial bei CAMELOT Management Consultants. Biologicals spielen aktuell für nahezu drei Viertel der Generikahersteller sowie für sogar die Hälfte aller Innovatoren noch gar keine große Rolle. Und das soll sich ihrer Einschätzung nach auch künftig nur unwesentlich ändern. Jarosch erläutert: „Das spiegelt die Reifephase des Entscheidungsprozesses wider: Generikahersteller, die aktuell schon im Biologicals-/Biosimilars-Geschäft aktiv sind, werden diese Aktivitäten tendenziell beibehalten oder noch ausbauen. Innovatoren, die in diesem Segment bislang noch nicht aktiv sind, werden in diesen Markt sehr wahrscheinlich auch nicht mehr vorstoßen."  Als größtes Hindernis für den Erfolg von Biosimilars nennen sowohl Generikahersteller als auch Innovatoren die hohen Kosten für F&E sowie Marktzulassungen. Wenig überraschend empfinden die Generikahersteller dieses Hindernis als größere Herausforderung, weil sie nicht im gleichen Umfang wie Innovatoren an die für Biosimilars erforderlichen komplizierten Entwicklungs- und Zulassungsprozesse gewöhnt sind.

„Im Großen und Ganzen scheint der Markt hinsichtlich der Hoffnungen in Bezug auf Biosimilars geteilt zu sein“, sagt Sinner. „Mehr als die Hälfte aller Unternehmen fühlt sich überhaupt nicht betroffen. Ebenso viele der Panel-Mitglieder rechnen nach der Markteinführung mit einem rapiden Preisrückgang bei Biosimilars auf etwa ein Drittel des ursprünglichen Preises des Originalpräparats.“ Außerdem erwartet die Hälfte der Befragten zusätzlich einen starken Rückgang des Preisniveaus innerhalb des Biosimilars-Segments für das gleiche Originalpräparat. Diese beiden Entwicklungen werden das Potenzial des milliardenschweren Markts für nicht mehr patentgeschützte Biologicals in der nahen Zukunft deutlich begrenzen und dafür sorgen, dass nur ein kleiner Teil der Branche dieses Segment erschließen wird. Sinner: „Entscheidend wird sein, wie bereitwillig die verschreibenden Ärzte in den nächsten Jahren Original-Biologicals ersetzen und wie stark die erstattenden Organisationen den Preiswettbewerb zwischen Original-Biologicals und ihren Biosimilars anheizen werden - wie auch den innerhalb des Segments der Biosimilars untereinander."

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