Wie Schokolade glücklich macht

Bioinformatiker der Universität Jena entwickeln mit Forschern aus Norwegen umfassendes Computermodell für den Stoffwechsel der Aminosäure Tryptophan

05.12.2013 - Deutschland

Gefüllte Lebkuchenherzen, Dominosteine, Schokoladennikoläuse – die süßen Vorboten der Weihnachtszeit stapeln sich schon seit einigen Wochen in den Läden. Und dank der gerade beginnenden Adventszeit kann das große Naschen nun auch endlich beginnen. Schon beim Gedanken daran, wie die süße Leckerei auf der Zunge zergeht, werden vermutlich viele Naschkatzen von einem wohligen Glücksgefühl erfasst.

Jan-Peter Kasper/FSU

Naschkatzen wissen: Schokolade hebt die Stimmung. Wie das funktioniert, das können Bioinformatiker der Universitäten Jena, Tromsø und Bergen jetzt mit einem Computermodell simulieren.

Anne Günther/FSU

Der Bioinformatiker Prof. Dr. Stefan Schuster von der Uni Jena sieht Anwendungspotenzial des Computermodells in der Diagnostik von neurodegenerativen Erkrankungen.

Jan-Peter Kasper/FSU
Anne Günther/FSU

Und das kommt nicht von ungefähr, wie Prof. Dr. Stefan Schuster von der Friedrich-Schiller-Universität Jena weiß. Der Bioinformatiker hat jetzt gemeinsam mit Forschern aus Norwegen ein Computermodell entwickelt, mit dem sich simulieren lässt, was in unserem Körper abläuft, wenn wir die Aminosäure Tryptophan zu uns nehmen, die in Schokolade enthalten ist. In der aktuellen Ausgabe des Journal of Biological Chemistry stellt das Wissenschaftlerteam das bislang umfassendste Modell des komplexen Stoffwechsels von Tryptophan vor, die neben anderen Substanzen bei der Wirkung von Schokolade eine Rolle spielt.

„Aus Tryptophan entsteht im Körper Serotonin“, erläutert Schuster. Serotonin wiederum ist ein Hormon und Botenstoff im Gehirn, das ein Wohlgefühl auslöst. Da unser Körper selbst Tryptophan nicht herstellen kann, müssen wir es mit der Nahrung aufnehmen, etwa aus Sojabohnen und Geflügel oder eben Kakao und Schokolade. Doch nicht nur als „Zutat“ für Glücksmomente brauchen wir Tryptophan. Auch für das Schlafhormon Melatonin ist die Aminosäure der entscheidende Baustein. „Abbauprodukte von Tryptophan spielen wiederum bei einigen neurodegenerativen Erkrankungen sowie bei Alterungsprozessen eine Rolle“, macht Schuster die Vielfalt der Wirkungen deutlich.

Der komplexe Tryptophan-Stoffwechsel war bislang biochemisch zwar weitgehend bekannt. „Allerdings lässt sich erst anhand eines Computermodells das Zusammenspiel der Einzelreaktionen und Zwischenprodukte sowie ihrer Regulationsmechanismen als Gesamtsystem erfassen“, verdeutlicht Prof. Dr. Ines Heiland, eine der Erstautorinnen der Studie. Die Wissenschaftlerin von der Universität Tromsø war bis vor etwa einem Jahr am Lehrstuhl von Prof. Schuster in Jena tätig und hat mit den Kollegen hier den systembiologischen Forschungsansatz erarbeitet.

Für ihr Modell des Tryptophan-Stoffwechsels im Menschen haben die Bioinformatiker sehr umfangreiche experimentelle Daten zum Ablauf der weit verzweigten Stoffwechselwege und der dazugehörenden Transportvorgänge zusammengetragen. Diese wurden anschließend in ein Gesamtmodell integriert, das es nun erstmals ermöglicht, detailliert die Wirkungen von Tryptophan und seiner Stoffwechselprodukte in einzelnen Geweben oder Organen realitätsnah zu simulieren.

Vielversprechende Anwendungsmöglichkeiten sehen die Forscher vor allem in der medizinischen Diagnostik und bei der Entwicklung neuer Therapien für neurodegenerative Erkrankungen, wie Parkinson oder Alzheimer. Das Computermodell erlaube es nun nicht nur, den Krankheitsverlauf besser zu verstehen. „Wir können daran auch testen, an welchen Stellen des Stoffwechsels regulierend eingegriffen werden kann und wie sich diese Veränderungen auf den gesamten Metabolismus auswirken“, erläutert Prof. Heiland.

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