Seltene Erden in Bakterien
Methan-abbauende Bakterien aus heißen Quellen benötigen die kostbaren Metalle zur Energiegewinnung
© MPI f. medizinische Forschung/Barends
Eigentlich sind die 17 zur Gruppe der Seltenen Erden gehörenden Metalle gar nicht selten. In der Erdkruste lagern größere Mengen als beispielsweise von Gold oder Platin. Allerdings sind die Elemente verhältnismäßig gleichmäßig verteilt, so dass der Abbau nur an wenigen Stellen wirtschaftlich ist.
Rar sind die Seltenen Erden dagegen in der belebten Natur. Da sie sich in Wasser nur sehr schwer lösen, können die meisten Organismen sie nicht für ihren Stoffwechsel verwenden. Umso überraschender ist die Entdeckung in einer Schlammpfütze vulkanischen Ursprungs im italienischen Solfatara. Hier haben Mikrobiologen von der Radboud-Universität in Nijmegen, Niederlande, eine Mikrobe gefunden, die ohne einige der Seltenen Erden nicht leben kann. Methylacidiphilum fumariolicum gehört zu einer Gruppe von Bakterien, die sich einen äußerst unwirtlichen Lebensraum ausgesucht haben: Sie gedeihen am besten bei einem pH-Wert zwischen 2 und 5 und Temperaturen zwischen 50 und 60 Grad – Bedingungen also, die für andere Organismen tödlich sind. Methylacidiphilum toleriert sogar pH-Werte unter 1, was konzentrierter Schwefelsäure entspricht.
Ihre Energie gewinnen die Bakterien aus Methan. Sie besitzen dafür ein spezielles Enzym, die Methanol-Dehydrogenase, das das beim Abbau des Methans entstehende Methanol mit Hilfe metallischer Co-Faktoren weiter verarbeitet. Die meisten dieser Bakterien verwenden dafür Kalzium.
Bei ihren Untersuchungen fiel den Forschern auf, dass Methylacidiphilum im Labor nur mit originalem Wasser aus dem Schlammtümpel gedieh. Keines der Spurenelemente, das die Forscher zu den Kulturschalen gaben, regte die Mikroben zum Wachstum an. Eine Analyse ergab, dass das Wasser hundert bis tausend Mal mehr Seltene Erden enthielt als normal.
Thomas Barends und Andreas Dietl vom Max-Planck-Institut für medizinische Forschung haben die dreidimensionale Struktur der Methanol-Dehydrogenase untersucht. Dabei fiel ihnen auf, dass Methylacidiphilum fumariolicum in seiner Methanol-Dehydrogenase kein Kalzium, sondern ein Atom eines anderen Metalls eingebaut hat.
"Dann passte auf einmal alles zusammen", erklärt Thomas Barends. "Wir konnten zeigen, dass es sich bei diesem geheimnisvollen Atom um ein Seltenes Erdmetall handeln muss. Dies ist das erste Mal überhaupt, dass eine solche biologische Funktion für Seltene Erde gefunden wurde.“
Methylacidiphilum benutzt die Seltenen Erden Lanthanum, Cerium, Praseodymium und Neodymium in seiner Methanol-Dehydrogenase an Stelle von Kalzium. Das Bakterium braucht sie, um aus Methan Energie zu gewinnen. Die Seltenen Erden besitzen einen etwas größeren Ionenradius als Kalzium, können dieses aber trotzdem als Co-Faktor von Enzymen ersetzen. „In der Aminosäurekette der Methanol-Dehydrogenase des Bakteriums sind einzelne Aminosäuren ausgetauscht worden. Dadurch entsteht mehr Platz für die Metalle“, sagt Barends. Methylacidiphilum nimmt zudem mehr Seltene Erden auf als es zum Überleben braucht. Es könnte also sein, dass es die Metalle in der Zelle speichert.
Genom- und Proteom-Analysen lassen vermuten, dass die Methylacidiphilum-Variante der Methanol-Dehydrogenase vor allem unter Bakterien aus Küstengewässern weit verbreitet ist. Auch auf der Blattoberfläche von Pflanzen haben Wissenschaftler damit ausgestattete Methan-verwertende Bakterien entdeckt. Pflanzen können Seltene Erden anreichern und so die Versorgung für die Bakterien sicherstellen. „Möglicherweise kommen solche Bakterien aber auch überall dort vor, wo es genügend Nachschub an Sand gibt. Denn Sand ist eine nahezu unerschöpfliche Quelle für Seltene Erden“, sagt Barends.
Originalveröffentlichung
Arjan Pol, Thomas R. M., et al.,