Hunde kommen Krebszellen auf die Spur

08.10.2013 - Deutschland

Dr. rer. nat. Wolfgang Schröder, Wissenschaftler an der Technischen Universität Hamburg, ist der Beantwortung der Frage, welche Stoffe in welcher Konzentration dafür zuständig sind, dass Krebszellen anders als gesunde Zelle riechen, ein großes Stück näher gekommen: "Ich habe Stoffe gefunden, man kann sie als Markerstoffe bezeichnen, die den Geruch von Krebs auszumachen scheinen." Ein Hund wurde bereits auf die synthetische Mischung der als Krebsmarker verdächtigten Substanzen erfolgreich trainiert.

Schon länger ist bekannt, dass Hunde am Atem oder am Urin von Menschen unterschiedliche Tumorarten früh und sicher erschnüffeln können. Mit ihrer extrem empfindlichen Nase erkennen sie ein einziges Duftmolekül unter einer Billion anderer Moleküle. In der Wissenschaft gibt es bisher keine Analytik, die derart leistungsstark ist, um eine Hundenase in absehbarer Zeit elektronisch zu ersetzten. Doch gibt es Fortschritte zu vermelden. So ist Dr. rer. nat. Wolfgang Schröder von der Technischen Universität Hamburg der Beantwortung der Frage, welche Stoffe in welcher Konzentration dafür zuständig sind, dass Krebszellen anders als gesunde riechen, ein großes Stück näher gekommen: "Ich habe Stoffe gefunden, man kann sie als Markerstoffe bezeichnen, die den Geruch von Krebs auszumachen scheinen."

Der Wissenschaftler hält ein kleines Fläschchen, gefüllt mit einer roten Flüssigkeit in der Hand. "Die von mir synthetisierten Stoffe sind recht fotogen – rubinrot. Die Flüssigkeit sieht schon fast mysteriös aus, riecht allerdings dabei penetrant faulig." Klar war dem Chemiker und Oberingenieur am TUHH-Institut für Messtechnik von Anfang an, dass es starke und für Hunde interessante Gerüche sein müssen, die Tumore aussenden: "Sonst würden die Tiere nicht so auffällig reagieren, wie sie es tun."

Seit zehn Jahre forscht der TUHH-Wissenschaftler daran, den für Hunde stark riechenden Krebs-Duftmarkern auf die Spur zu kommen. Wahrlich kein Kinderspiel, enthält die Atemluft eines Menschen doch weit über tausend verschiedene Stoffe, die es zu analysieren und zu bewerten gilt. Mithilfe von Proben aus der Uni-Klinik Kiel analysierte der Chemiker in den vergangenen Jahren hunderte Atem-Proben von Patienten mit unterschiedlichsten Krankheiten. Auch Krebs war dabei. Zwar konnten geruchsaktive Stoffe nachgewiesen werden; ein signifikanter Unterschied speziell der Krebskranken im Vergleich zu Atem Gesunder ließ sich jedoch nicht feststellen. Weitere Untersuchungen mit den stets im Atem enthaltenen „Stinkern“ - die Dr. Schröder nie aus den Augen verloren hatte - zeichneten das Bild einer Stofffamilie, die äußerst reaktiv ist und daher im Verlauf von Probenaufbereitung und Analytik zur Bildung von Folgeprodukten neigt. Das ausführliche Literatur-Studium der Vielzahl an aktuellen Publikationen über den Chemismus in Krebs brachte den TUHH-Forscher schließlich auf eine heiße Fährte: Ein Mitglied der Stinker-Familie müsste stets im Krebs (und nur dort!) vertreten sein, erwies sich aber, nach der Synthese im Labor der TU-Messtechnik, als viel zu instabil, um mit herkömmlichen Methoden nachgewiesen zu werden.

Schließlich gelang es die Stoffe doch noch zu stabilisieren und in hoher Konzentration unter extrem schonenden Bedingungen, in einem extra dafür optimierten Tieftemperatur-Gaschromatographen, nachzuweisen. Aber an einen Nachweis in geringer Konzentration, wie in Krebs vermutet, war absolut nicht zu denken.

Erst die Zusammenarbeit mit den Spürhundtrainern Uwe Friedrich und Nicole Klee vom TeamCanin in Süddeutschland brachte den Durchbruch. Ein Hund wurde auf die synthetische Mischung der als Krebsmarker verdächtigten Substanzen trainiert. Dazu wurden extrem geringe Geruchsstoffmengen, abgegeben von einem Diffusionsröhrchen, eingesetzt. Der Hund konnte, nach wochenlangem und fast täglichem Training, die Stoffe sicher zwischen „unverdächtig“ riechenden Mischungen herausfinden. Dann war es soweit: Ohne scheinbar irgendetwas zu ändern, hatte der Hund plötzlich fünf menschliche Lebergewebeproben und einen Lebertumor in den verdeckten Schnüffelboxen. Ohne zu zögern wurde die Krebsprobe angezeigt, obwohl der Hund - außer den Markern von Dr. Schröder - noch nie Krebs gerochen hatte. Auch weitere Experimente dieser Art, diesmal mit für alle direkt Beteiligten anonymisierten Probenreihen, bestätigten das Resultat.

Die Ergebnisse werden derzeit von der Expertenkommission einer angesehenen Wissenschaftszeitung geprüft. Die Grundzüge dieser weltweit neuen Theorie zu Krebsmarkern sollen in nächster Zeit als Übersichtsartikel einer Hypothesen in der Medizin veröffentlichenden Zeitschrift angeboten werden, um sich der breiten wissenschaftlichen Öffentlichkeit zu präsentieren und der Diskussion mit Spezialisten auf dem Gebiet der Krebsforschung zu stellen.

Die Resultate des TUHH-Wissenschaftlers lassen sich wie folgt zusammenfassen: Neue Krebsmarker können aus dem bislang bekannten Chemismus in kranken Gewebe hergeleitet werden. Hunde bestätigen, die synthetisch hergestellten Stoffe riechen wie Krebs. Sie sind in verdünnten Lösungen unter Luftabschluss stabil genug, um auch noch nach Wochen zu riechen. Zum Nachweis per Analytik sind sie jedoch im Krebsgewebe deutlich zu gering konzentriert. Hier spielt deren Instabilität eine maßgebliche Rolle, die auch als Grund angesehen werden kann, dass bislang niemand derartige Stoffe als Krebsmarker vorgeschlagen hat - geschweige denn in Tumoren nachweisen konnte. In Arbeit ist die Frage, ob das Ergebnis mit anderen Krebstumorarten genauso eindeutig ausfällt, wie bei Lebertumoren. Erneut sind wieder die Hunde gefragt. Letztlich sollte es irgendwann möglich sein Krebs mit künstlichen Geruchsdetektoren aufzuspüren. „Hier sind noch viele und sicher sehr interessante Aufgaben zu meistern" freut sich Dr. Schröder.

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