Genaktivität und Transkriptmuster erstmals sichtbar gemacht
Wenn Zellen ein Gen aktivieren, erstellen sie genspezifische Transkriptmoleküle, die die Funktion eines Gens für die Zelle nutzbar machen. Die Untersuchung der Genaktivität kommt in der medizinischen Diagnostik, insbesondere in der Krebsmedizin, routinemässig zum Einsatz. Die heute etablierten Technologien bestimmen die Genaktivität über die Anzahl der Transkriptmoleküle. Allerdings können diese Methoden weder die Anzahl der Transkriptmoleküle von tausend Genen in tausenden Einzelzellen, noch die räumliche Anordnung der Transkriptmoleküle innerhalb der Einzelzellen bestimmen. Das von Biologen der Universität Zürich unter der Leitung von Prof. Lucas Pelkmans entwickelte vollautomatische Verfahren ermöglicht erstmals, die Anzahl und räumliche Anordnung einzelner Transkriptmoleküle innerhalb von tausenden Einzelzellen parallel zu messen.
Die kürzlich im Wissenschaftsmagazin «Nature Methods» publizierten Resultate liefern zudem völlig neue Erkenntnisse über die Variabilität der Genaktivität in Einzelzellen. Das von Pelkmans Doktoranden Nico Battich und Thomas Stöger entwickelte Verfahren basiert auf dem Einsatz von Robotern, eines automatisierten Fluoreszenzmikroskops und eines Supercomputers.
«Wenn Gene aktiv sind, werden spezifische Transkriptmoleküle produziert. Diese färben wir mit Hilfe eines Roboters ein», erläutert Stöger die Methode. Anschliessend erzeugt ein Fluoreszenzmikroskop Bilder von den aufleuchtenden Transkriptmolekülen. Diese Bilder werden mit dem Supercomputer «Brutus» der ETH Zürich ausgewertet. Mit dieser Technologie können tausend menschliche Gene in zehntausend Einzelzellen individuell betrachtet werden. Gemäss Pelkmans liegen die Vorteile des Verfahrens in der hohen Anzahl von Einzelzellen und der Möglichkeit, erstmals die räumliche Anordnung der Transkriptmoleküle vieler Gene zu bestimmen.
Die Auswertung der neuen Daten zeigt, dass sich einzelne Zellen in ihrer Genaktivität unterscheiden. Während die Wissenschaftler eine grosse Variabilität in der Anzahl der Transkriptmoleküle erwarteten, waren sie überrascht, dass deren räumliche Anordnung sowohl innerhalb von Einzelzellen, als auch zwischen Einzelzellen ebenfalls stark variierte. Dabei nahmen die Transkriptmoleküle verschiedene Muster an.
Dazu Battich: «Wir stellten fest, dass Gene mit einer ähnlichen Funktion auch eine ähnliche Variabilität der Transkriptmuster haben. Diese Ähnlichkeit ist viel grösser als jene mit der Variabilität der Anzahl der Transkriptmoleküle und erlaubt uns die Funktion einzelner Gene vorherzusagen.». Die Wissenschaftler vermuten deshalb, dass die Transkriptmuster eine Gegenmassnahme zur Variabilität in der Anzahl der Transkriptmoleküle darstellen und für die Robustheit der Prozesse in der Zelle verantwortlich sind.
«Unsere Methode wird für die Grundlagenforschung und insbesondere für das bessere Verständnis von Krebstumoren von Bedeutung sein, da sie erlaubt, die Unterschiede der Genaktivität in den einzelnen Tumorzellen abzubilden», fasst Pelkmans die Bedeutung der neuen Erkenntnisse zusammen.
Originalveröffentlichung
Nico Battich, Thomas Stoeger, Lucas Pelkmans. Image-based transcriptomics in thousands of single human cells at single-molecule resolution. Nature Methods. 2013