Dem Ursprung des Paarlebens auf der Spur

Göttinger Wissenschaftler untersuchen fünf Jahre lang das Sozialverhalten von Primaten

19.08.2013 - Deutschland

Ein Großteil aller Menschen lebt in Zweierbeziehungen. Wie sich diese Lebensweise in der Evolution herausgebildet hat, ist unklar. Verhaltensforscher der Universität Göttingen und des Leipziger Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie konnten jetzt bei einer Primatenart über Jahre stabile Paarbindungen nachweisen. Assam-Makaken leben in promisken Gruppen, in denen sich mehrere Männchen und Weibchen miteinander paaren. Die im Fachmagazin Animal Behaviour veröffentlichten Ergebnisse weisen darauf hin, dass Zweierbindungen auch für promiske Arten vorteilhaft sein können, wenn sich dadurch Paarungsprivilegien für die Paarpartner ergeben.

Universität Göttingen

Männchen-Weibchen Freundschaft bei Assam-Makaken.

Die Wissenschaftler um Prof. Dr. Julia Ostner und Dr. Oliver Schülke vom Courant Forschungszentrum „Evolution des Sozialverhaltens“ der Universität Göttingen beobachteten knapp fünf Jahre lang die Sozialbeziehungen in einer Gruppe von Assam-Makaken (Macaca assamensis) im thailändischen Naturschutzgebiet Phu Khieo. Dabei stellten sie fest, dass einzelne Männchen und Weibchen stabile Bindungen bis zu einem Zeitraum von drei Jahren unterhielten. Die jeweiligen Partner paarten sich bevorzugt miteinander – trotz der grundsätzlich promisken Lebensweise und strengen Hierarchie innerhalb der Gruppe. Die Männchen verbrachten anschließend verstärkt Zeit mit den Nachkommen ihrer Bindungspartnerinnen. Untersuchungen zeigten, dass die Männchen in der Regel auch die genetischen Väter der Jungtiere waren.

„Wir waren sehr überrascht, dass der Paarungserfolg eines Männchens nicht nur von seinem Rang innerhalb der Männchen-Hierarchie beeinflusst war, sondern auch davon, ob es eine Bindung zu Weibchen hatte“, so Studienleiterin Prof. Ostner. Im Gegensatz zu vielen anderen Primaten, jedoch ähnlich dem Menschen, wissen männliche Assam-Makaken nicht, wann ein Weibchen empfängnisbereit ist. Das führt dazu, dass die ranghöchsten Männchen der Gruppe nicht die fruchtbaren Weibchen für sich monopolisieren können. Gerade für Männchen mit niedrigem Rang lohne es sich unter diesen Bedingungen eine Bindung mit einem Weibchen einzugehen, um eine größere Chance zu haben, sich wenigstens mit diesem Weibchen fortzupflanzen. Über den engen Kontakt zu ihrem Nachwuchs könnte auch der Kontakt zu den Müttern eng bleiben und die Paarbeziehung weiter stabilisieren. Häufigster Trennungsgrund war der Tod des Männchens oder sein Abwandern in eine andere Gruppe.

Ähnliche Beobachtungen wurden auch bei Schimpansen gemacht, die ebenfalls in promisken Gruppen leben: Die Männchen pflanzen sich hier offenbar erfolgreicher fort, wenn sie enge Bindungen zu einzelnen Weibchen pflegen. Während als Erklärung zur Paarbildung bei Schimpansen die große räumliche Verteilung der Weibchen angenommen wird, zeigt die Göttinger Studie einen anderen Weg zur Paarbeziehung auf, nämlich über das Verschleiern der weiblichen Fruchtbarkeit und den daraus resultierenden Vorteilen von Paarungsprivilegien.

„Unsere Studie deutet darauf hin, dass sich das Paarleben bei Primaten einschließlich des Menschen auch aus sozialen Gruppen heraus entwickelt hat und sie zeigt, wie dies im Laufe der Evolution stattgefunden haben könnte“, ergänzt Prof. Ostner.

 

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