Neutronen offenbaren mögliche Gefahren durch Nanopartikel aus Gold

20.06.2013 - Frankreich

Wissenschaftler am Institut Laue-Langevin haben gezeigt, dass die Oberflächenladung von Gold-Nanopartikeln, die von führenden Pharmazieunternehmen als Nanotransport-Systeme der Zukunft zur Krebsbehandlung betrachtet werden, Einfluss auf deren Wechselwirkung mit der Zellmembran hat. Diese in Langmuir veröffentlichten wichtigen Erkenntnisse sollen in erster Linie dazu dienen, Nanopartikel für biomedizinische Anwendungen gezielt zu entwerfen sowie Methoden und Verfahren für ihre sichere Verwendung in einer Vielzahl anderer Verbraucherprodukte zu definieren.

Die ständige Zunahme von Nanopartikeln – winzige Materialteilchen, eine Million Mal kleiner als ein Sandkorn – in immer mehr kommerziellen Produkten wie Kleidung, Lebensmittelverpackungen, Medikamenten, Kosmetika, Reifen, Elektronik und optischen Geräten führt zu Kontroversen. Da Nanopartikel aufgrund ihrer geringen Größe leicht organische Membranen wie Zellwände durchdringen können, haben sie möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt. Es gibt jedoch einen Bereich, in dem sich ihre mögliche Toxizität als nützlich und sogar lebensrettend erweisen könnte.

Eine große Herausforderung in der modernen Medizin ist das Auffinden von Transportsystemen, die Zellen gezielt ansteuern und in sie eindringen können, um Medikamente direkt in das kranke Gewebe transportieren zu können. Die Suche nach geeigneten Vehikeln führte zu einem neuen Forschungsgebiet, der Nanomedizin. Hier werden Nanopartikel so programmiert, dass sie beispielsweise Krebszellen gezielt ansteuern und auf diese Weise die Notwendigkeit einer Operation vermindern oder gar unnötig machen.

Von allen in der Wissenschaft verfügbaren Nanopartikeln rückte eines besonders ins Zentrum der medizinischen Forschung führender Pharmazieunternehmen – Gold. AstraZeneca kündigte im vergangenen Jahr ein neues Forschungsprojekt für ein neues Nanomedikament, CYT-6091, basierend auf Gold-Nanopartikeln, an.

Nanopartikel aus Gold sind aus folgenden Gründen bestens geeignete Transportvehikel:

  • Sie können auf einfache Weise mit anderen Molekülen, wie heutigen Krebsmedikamenten, beladen werden.
  • Sie sind einfach herzustellen.
  • Sie sind im Körper chemisch stabil.
  • Sie bieten einzigartige optische, elektronische und thermische Eigenschaften, das heißt, sie können innerhalb des Körpers sehr einfach aktiviert werden, wenn sie am Zielort angekommen sind.

Noch ungeklärt sind aber die Wechselwirkungsmechanismen zwischen Nanopartikeln und der äußeren Verteidigungslinie unserer Zellen – der Zellmembran. Ohne dieses Verständnis ist es unmöglich festzustellen, wie gefährlich sie sind und ob ihre Fähigkeit, in Zellen einzudringen und sie zu zerstören, jemals genutzt werden kann, z.B. zur Krebsbekämpfung.

Es ist bekannt, dass ein komplexer Satz von Parametern diese Wechselwirkung beeinflusst, wie z.B. Form, Größe, Zusammensetzung und Ladung der Nanopartikel. Aber es gibt bisher keine systematische Untersuchung, die zeigt, wie die Wechselwirkungen von diesen Parametern auf molekularer Ebene abhängt.

Um dieses Problem anzugehen, untersuchte ein Forschungsteam vom Institut Laue-Langevin (ILL), der Universität Illinois und der australischen Kernforschungsorganisation mit Hilfe der Neutronen und den weltweit führenden Neutronenstreuinstrumenten am ILL die physikalischen Veränderungen in den Zellwänden auf molekularer Ebene, die bei Kontakt mit unterschiedlich geladenen Gold-Nanopartikeln auftreten.

An der Oberfläche von Gold-Nanopartikeln, deren Durchmesser 2 nm betrug, waren entweder kationische (positiv geladene) oder anionische (negativ geladene) Liganden befestigt. Um eine vereinfachte Zellmembran herzustellen, verwendete das Forscherteam zwei Doppelschichten aus Lipidmolekülen im gegenseitigen Abstand von 20–30 Å, die mit natürlichen Zellmembranen vergleichbare dynamische Eigenschaften besitzen. Die Wissenschaftler verwendeten daraufhin das Neutronenreflexionsverfahren am ILL zur genauen Untersuchung der Wechselwirkung zwischen Nanopartikel und Membran im Subnano-Bereich.

Sie fanden heraus, dass die Oberflächenladung der Nanopartikel tatsächlich die Wechselwirkung mit der Zellmembran wesentlich beeinflusst. Kationische Nanopartikel durchdringen geradewegs die Lipidmembran, nisten sich tief in der frei schwebenden Doppelschicht ein und destabilisieren die gesamte Membranstruktur derart, dass sie die Zelle bei höheren Konzentrationen völlig zerstören. Im Gegensatz dazu drangen anionische Nanopartikel überhaupt nicht in die Lipidmembran ein. Vielmehr verhinderten sie bei gegebener Konzentration die Membranzersetzung und halfen so dabei, extremen Bedingungen zu widerstehen, z.B. bei erhöhtem pH Wert, der sie normalerweise erheblich destabilisieren würde.

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