Basler Forscher entdecken wichtigen Schaltkreis bei Krebsmetastasen
Dr. Nathalie Meyer-Schaller, Universität Basel
Die vorwiegende Todesursache bei Krebspatienten ist die Bildung von Metastasen, also Tochtergeschwulsten in entfernten Organen wie Leber, Lunge oder Gehirn. Dabei lösen sich Krebszellen vom ursprünglichen Primärtumor und gelangen als einzelne Zellen oder Zellgruppe in andere Organe. Normalerweise bleiben Zellen im Körper an ihrem Platz, da sie sich mithilfe von Haftmolekülen aneinander und an der extrazellulären Substanz festhalten. Krebszellen lernen jedoch, wie sie sich aus diesen Bindungen lösen und in das umliegende Gewebe sowie in Blut- oder Lymphgefässe einwandern können.
Dieser Übergang von sesshaften, hoch ausgebildeten Zellen in wandernde, invasive und wenig strukturierte Zellen wird auch Epitheliale-Mesenchymale Transition (EMT) genannt. Dieser Vorgang spielt in der Verteilung von Krebszellen im Körper und im Entstehen von Metastasen eine wichtige Rolle. EMT ist ein vielstufiger Prozess, der mit einer fundamentalen Änderung der Zellmorphologie und zahlreichen genetischen Programmen einhergeht. Die molekularen Regelkreise, die diesen Vorgang steuern, werden derzeit noch wenig verstanden.
Hauptschalter gefunden
Nun haben die Forschungsgruppen von Prof. Gerhard Christofori am Departement Biomedizin, Prof. Erik van Nimwegen vom Biozentrum der Universität Basel sowie Prof. Dirk Schübeler vom Friedrich-Miescher-Institut Basel einen Hauptschalter für die Regulation von EMT und der Metastasenbildung entdeckt: Der Transkriptionsfaktor Sox4 wird dabei in seiner Expression und Aktivität hochreguliert und löst darauf die Expression einer Reihe von Genen aus, die während einer EMT und der Metastasenbildung eine wichtige Rolle spielen.
Im Speziellen fördert Sox4 die Expression des Enzyms Ezh2, einer Methyltransferase, die durch Methylierung von bestimmten Proteinen (Histonen) die Verpackung des Erbmaterials und damit dessen Lesbarkeit sowie die Genexpression generell beeinflusst; man spricht dabei von einer epigenetischen Regulation. Durch diese Veränderung der Nutzung der Erbinformation werden Zellen in ihrem Verhalten und ihrer Funktion umprogrammiert – ein Prozess, der gerade während der Metastasenbildung zu beobachten ist. Eine solche Änderung der Genexpression wird auch bei Patienten mit bösartigem Krebs und Metastasenbildung gefunden und korreliert auch mit einer schlechten Prognose.
Die Ergebnisse zeigen die Möglichkeit auf, dass eine Hemmung des Transkriptionsfaktors Sox4 und besonders der Methyltransferase Ezh2 die Bildung von Metastasen bei Krebspatienten verhindern könnte. Entsprechende Medikamente werden derzeit schon entwickelt, müssen aber noch in vorklinischen Studien getestet werden, bevor sie bei Patienten eingesetzt werden können. Die Arbeiten der Basler Forscher wurden innerhalb des SystemsX.ch-RTD-Projekts «Cellplasticity» realisiert.