Befehle aus der Matrix

Zellumgebung steuert Bildung und Aktivität von Nervenzellkontakten

06.05.2013 - Deutschland

Die Umwelt formt das Verhalten - und zwar nicht nur von Menschen in der Gesellschaft, sondern auch auf mikroskopischer Ebene. Denn Nervenzellen sind für ihre Funktion von der Zellumgebung, der sogenannten Extrazellulären Matrix, abhängig. Forscher der Ruhr-Universität haben Hinweise gefunden, dass dieses komplexe Geflecht aus Molekülen die Bildung und Aktivität der Nervenzellkontakte steuert. Im "Journal of Neuroscience" berichtet das Team um Dr. Maren Geißler und Prof. Andreas Faissner vom Lehrstuhl für Zellmorphologie und Molekulare Neurobiologie in Kollaboration mit dem Team um Dr. Ainhara Aguado, Prof. Christian Wetzel und Prof. Hanns Hatt des Lehrstuhls für Zellphysiologie.

Nervenzellen und Astrozyten in Kultur

Die Bochumer Biologen untersuchten in Kooperation mit Prof. Uwe Rauch von der Universität Lund in Schweden Zellen aus dem Gehirn von zwei Mausarten: einer Art mit normaler Extrazellulärer Matrix und einer Art, der aufgrund von genetischer Manipulation vier Bestandteile der Extrazellulären Matrix fehlten, nämlich die Moleküle Tenascin-C, Tenascin-R, Neurocan und Brevican. Die Zellen entnahmen sie aus dem Hippocampus, einer Hirnstruktur, die für das Langzeitgedächtnis entscheidend ist. Das Team untersuchte nicht nur Nervenzellen, sondern auch Astrozyten, die in engem Kontakt mit den Nervenzellen stehen, ihre Funktion unterstützen und Moleküle für die Extrazelluläre Matrix ausscheiden.

Bildung, Stabilität und Aktivität der Nervenzellkontakte hängen von der Matrix ab

Die Forscher kultivierten die Nervenzellen und Astrozyten gemeinsam für vier Wochen mit einer speziell dafür entwickelten Kulturstrategie. Sie beobachteten unter anderem, wie viele Kontaktstellen, sogenannte Synapsen, die Nervenzellen miteinander ausbildeten und wie stabil diese über die Zeit hinweg waren. Stammten entweder die Astrozyten oder die Nervenzellen in der Kulturschale von Tieren mit reduzierter Extrazellulärer Matrix, so erwiesen sich die Synapsen  mittelfristig als weniger stabil, und ihre Zahl war deutlich reduziert. Gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Zellphysiologie der RUB und der Universität Regensburg fand das Team auch heraus, dass die Nervenzellen mit mutierter Matrix eine geringere Spontanaktivität zeigten als normale Zellen. Die Extrazelluläre Matrix reguliert also Bildung, Stabilität und Aktivität der Nervenzellkontakte. Die Forscher untersuchten auch eine spezielle Struktur der Extrazellulärmatrix, die perineuronalen Netze, die Nobelpreisträger Camillo Golgi erstmals vor mehr als einem Jahrhundert beschrieb. Sie waren in der Umgebung genetisch veränderter Zellen deutlich reduziert.

Originalveröffentlichung

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

Heiß, kalt, heiß, kalt -
das ist PCR!