Selbstmordgefährdete Bakterien
Freiburger Biologen untersuchen Einzeller, die sich manchmal selbst mit einem Toxin vergiften
Stefan Kopfmann
Das Cyanobakterium Synechocystis produziert mehrere Toxine, die jedoch meist nicht aktiv werden können. Der Einzeller stellt sie normalerweise nur zusammen mit einem Antitoxin her, das die giftige Wirkung neutralisiert. Dahinter steckt ein genetischer Trick der Natur: Die Gene für Gift und Gegengift befinden sich zusammen auf einem Plasmid, also auf einem DNA-Fragment, das unabhängig vom eigentlichen Bakterienchromosom existiert. Das Antitoxin ist, im Gegensatz zum Toxin, nur wenig stabil. Wenn eine Zelle bei einer Teilung das Plasmid verliert, gehen beide Gene verloren. Da aber das Toxin stabiler ist als das Antitoxin und seine Wirkung deshalb länger vorhält, sterben solche Zellen ab. Somit stellen die Toxin-Antitoxin-Paare einen natürlichen Selektionsmechanismus dar, der dafür sorgt, dass nur diejenigen Zellen überleben, die das betreffende Plasmid behalten.
Das Plasmid pSYSA des Cyanobakteriums Synechocystis besitzt nicht nur eins, sondern sieben verschiedene solcher Systeme. Es ist also gut abgesichert. Der Grund: Auf dem Plasmid pSYSA befindet sich neben den Genen für die sieben Toxin-Antitoxin-Paare die genetische Information für ein bakterielles Immunsystem. Wenn das Plasmid mit diesem System bei einer Zellteilung abhanden kommt, sorgen deshalb gleich mehrere Giftstoffe für den Tod des Bakteriums. Die Existenz eines solchen Immunsystems in Bakterien ist ein Forschungsresultat aus jüngster Zeit. Dass die dafür verantwortlichen Gene mit einer hohen Anzahl von Toxin-Antitoxin-Paaren kombiniert sind, belegt die besondere Bedeutung dieses Systems für die cyanobakterielle Zelle.
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