Mobile Materialanalyse im Würfelzuckerformat
Ob Frischeprüfung von Lebensmitteln, sortenreine Trennung von Plastikgegenständen im Recycling, Bestimmung von Art und Konzentration von Ausgangsstoffen in der Pharmazie oder Messung der Zusammensetzung von Gasen und Flüssigkeiten im Verbrennungstrakt von Fahrzeugen: In jedem Fall geht es darum, Art und Konzentration von beteiligten Materialien möglichst zeitsparend qualitativ und quantitativ zu bestimmen. Die Spektroskopie, bei der Stoffe beleuchtet und Intensität und Wellenlänge des reflektierten Lichts analysiert werden, ist für all diese Anwendungen prädestiniert. Denn die Messung mittels elektromagnetischer Strahlung ist berührungsfrei, lässt die Probe unbeschadet und ist gleichermaßen für feste, flüssige oder gasförmige Stoffe geeignet.
Trotz dieser Vorteile bietet der Markt heute zwar Spektrometer für den Laboreinsatz, jedoch kaum Systeme, die einfache Messungen vor Ort oder gar eine Integration in industrielle Messtechnik in Produktions- und Verarbeitungsanlagen erlauben. Dies hat zwei Ursachen: Zum einen verwenden diese Geräte ein- oder zweidimensionale Photodioden-Arrays aus III-V-Halbleitern wie Indium-Gallium-Arsenid, was den Preis in die Höhe treibt. Zum anderen sind sie technologiebedingt voluminös. Mit dem miniaturisierten Gitterspektrometer wird sich das ändern, sagt Dr. Heinrich Grüger, verantwortlicher Geschäftsfeldleiter am Fraunhofer IPMS, wo das Spektrometer entwickelt wird. »Unser System ist mit einem Volumen von nur 2,1 cm³ etwa 30% kleiner als ein gewöhnliches Stück Würfelzucker. Durch den kleinen Bauraum und eine Leistungsaufnahme von nur einigen wenigen Milliwatt ist es ideal zur Integration in mobile Messgeräte und für die in situ Messung in Anlagen und Gebäuden geeignet«.
Beim Gitterspektrometer des Fraunhofer IPMS erfolgt das Aufspalten von Strahlung durch Beugung und Interferenz an einem optischen Gitter. Das Spektrometer verwendet ein spezielles zeitdiskretes Messprinzip, welches es ermöglicht, ein Spektrum mit einem einzelnen hochempfindlichen Detektor nur durch die Drehbewegung des integrierten MEMS-Gitters zu scannen. Zentrales Element des Spektrometers ist ein am Fraunhofer IPMS entwickeltes nur (9,5 × 5,3 × 0,5) mm³ messendes Mikro-Elektro- Mechanisches System (MEMS). Diesen MEMS-Scanner, die einzelnen Gitter und optischen Spalte fertigen die Wissenschaftler direkt auf Siliziumwafern. Diese dünnen Siliziumplatten sind so groß, dass die Bauteile für mehrere hundert Spektrometer darauf passen – es können also hunderte Spektrometer auf einen Schlag gefertigt werden. Perspektivisch stapeln die Wissenschaftler die Wafer mit den integrierten Bauteilen mit den ebenfalls auf großen Substraten gefertigten optischen Komponenten aufeinander, justieren und fixieren sie und vereinzeln sie dann zu den einzelnen Spektrometern. Die Wissenschaftler müssen also nicht wie bei konventionellen Spektrometern Spiegel, Spalte, Gitter und Detektor Stück für Stück ausrichten, sondern lediglich die jeweiligen Substratverbünde. Der Vorteil: Eine enorme Reduzierung der Herstellungskosten. Zudem sind MEMS-Strukturen deutlich robuster als klassisch in Feinmechanik gefertigte Bauelemente.
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