Multitasking bei Proteinen entdeckt

10.12.2012 - Schweiz

Offenbar können Proteine je nach Wirkungsort unterschiedliche Aktivitäten entfalten. Forschende der Universität Basel fanden ein im Zellkern vorkommendes Protein auch in wachsenden Nervenzellfortsätzen. Dort stabilisiert das als Stressregulator bekannte Protein das Zellskelett.
 
Unser Gehirn ist ein hochkomplexes Organ, bestehend aus Milliarden von miteinander «verdrahteten» Nervenzellen. Nervenzellen oder Neuronen verknüpfen sich dabei über Neuriten und Dendriten, lange Zellfortsätze, die eine Erregungsleitung über weite Strecken ermöglichen. Während der Entwicklung des Gehirns wachsen diese Fortsätze aus dem Zellkörper der Nervenzelle. Die für das Wachstum der Neuriten benötigten Proteine werden dabei im Zellkörper synthetisiert und über das Zellskelett an den Ort des Wachstums transportiert.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, anstelle fertiger Proteine nur die Abschriften ihrer Baupläne an die Wachstumsfront zu schicken und die eigentliche Proteinsynthese vor Ort zu gestalten. Dem Team um den Neurowissenschaftler Olivier Pertz ist es gelungen, verschiedene mRNAs – Abschriften verschiedener Proteine – zu identifizieren. Eine dieser mRNAs kodiert das Protein MKK7, das normalerweise im Zellkern die Antwort auf Stress reguliert. Wozu, so eine der Fragen, braucht es einen Stressregulator am Ort des Neuritenwachstums und dies fern vom Kern?

Ein Protein – zwei Jobs

Von den rund 80 verschiedenen mRNAs, welche die Forschenden in von Zellkörpern befreiten Neuriten identifizierten, zeichnet sich das Protein MKK7 dadurch aus, dass es zu einer weiteren Aufgabe fähig ist: Anders als im Zellkern bündelt und stabilisiert MKK7 am Ort des Wachstums von Nervenzellfortsätzen die Mikrotubuli. Mikrotubuli sind Bauteile des Zellskeletts und bilden das Rückgrat von Neuriten und Dendriten.
Die neu entdeckte Aufgabe von MKK7 ist äusserst interessant, weil Hemmer von MKK7 bereits klinisch eingesetzt werden, um Stressreaktionen nach Nervenverletzungen zu verhindern. Angesichts der vorliegenden Resultate sollte nun geprüft werden, ob MKK7-Blocker nicht auch die Nervenregeneration hemmen. Abgesehen davon zeigen die Resultate der Basler Forschenden, dass es Proteine gibt, die fähig sind je nach Wirkungsort unterschiedliche Funktionen übernehmen zu können. Damit wäre die oben gestellte Frage weitgehend beantwortet.

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