Stehen statt Liegen: Bochumer und Dortmunder Forscher messen Orientierung des Ras-Proteins
Orientierung beeinflusst Proteininteraktion
Die Orientierung eines Proteins beeinflusst seine Interaktionsmöglichkeiten mit anderen Proteinen. "Das ist vergleichbar mit der Situation, dass ein Gast einmal mit ausgebreiteten Armen empfangen wird oder aber der Gastgeber bei der Begrüßung auf der Couch liegen bleibt", veranschaulicht Dr. Jörn Güldenhaupt, der die Orientierungsmessungen durchgeführt hat. Nur wenige biophysikalische Methoden erlauben es, die Proteinorientierung zu bestimmen. Die am Lehrstuhl für Biophysik etablierte ATR-FTIR-Spektroskopie ist eine davon.
Ras-Moleküle stützen sich gegenseitig
Die falsche Annahme, dass Ras auf der Membran liegt, basierte auf früheren Computersimulationen. Till Rudack aus dem Bochumer Forscherteam nahm Ras ebenfalls virtuell unter die Lupe. Das Ergebnis: Ein einzelnes stehendes Ras-Molekül kippt sehr schnell um, scheint also auf der Membran zu liegen. "Irgendetwas muss das Ras in unseren Messungen gestützt haben", erzählt Till Rudack. "Und das konnte nur ein weiteres Ras-Molekül sein, das aber in der Simulation nicht vorhanden war." Tatsächlich ergaben weitere Computersimulationen von zwei sich gegenseitig stützenden Ras-Molekülen eine stabile stehende Orientierung - passend zu den Experimenten.
Fluoreszenz-Resonanz-Energie-Transfer: Ein molekularer Zollstock
Das Forscherteam bestätigte die Ergebnisse mit einem weiteren experimentellen Beweis mittels "FRET" (Fluoreszenz-Resonanz-Energie-Transfer). Das ist aktuell die beste Methode, um Interaktionen zwischen zwei Proteinen nachzuweisen. Hierbei markieren Forscher die Ras-Proteine mit zwei verschiedenen Farbstoffen. Interagieren
die Proteine, sind sie sehr dicht beieinander, so dass Energie von einem Farbstoff zum anderen übertragen wird. Wie mit einem Zollstock lässt sich aus dem Anteil der übertragenen Energie der Abstand zwischen den Proteinen messen. Für die Ras-Ras-Interaktion ermittelten die Biophysiker einen Abstand von 4,6 Nanometern, also Millionstel Millimetern. Das entsprach genau dem Abstand, den sie für ein "Doppel-Ras" mit ihren Computersimulationen vorhergesagt hatten.
In der Gruppe stärker
Frühere Studien hatten bereits ergeben, dass Ras-Moleküle sich oft in kleinen Gruppen sammeln. Diese sogenannten Nanocluster bestehen aus vier bis zehn Ras-Proteinen. Bislang ging man davon aus, dass andere Proteine die Clusterbildung vermitteln müssen. "Wir konnten erstmals zeigen, dass Ras selbst aktiv daran beteiligt ist", so PD Dr. Carsten Kötting. Die Clusterbildung ist für Ras von großem Vorteil. In der Gruppe können die Proteine ein Signal deutlicher, also mit weniger Fehlern, weitergegeben. Das SOS-Protein zum Beispiel überträgt ein Signal immer gleichzeitig auf zwei Ras-Moleküle. Liegt Ras in Doppelform (als Dimer) vor, ist dieser
Schritt viel leichter. Das Verständnis für die räumliche Organisation von Ras ermöglicht neue Ansätze für die Medikamentenentwicklung. "Bislang wurden keine Medikamente gefunden, die direkt an Ras angreifen", so Klaus Gerwert. "Ras gilt als undruggable. Die hier gefundene Ras-Ras-Kontaktfläche könnte ein neuer Ansatzpunkt sein, um doch Ras-Medikamente zu entwickeln."
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