Ein Laser als Minischere

Genaktivität im gesamten Erbgut von vielzelligen Pilzen auf einen Schlag analysiert

02.10.2012 - Deutschland

Mit einer Kombination aus mikroskopischer Laserschere und modernen Sequenziermethoden haben Biologen der Ruhr-Universität die Genaktivität im gesamten Erbgut bestimmter Pilze auf einen Schlag analysiert. Gerade bei Organismen in Millimetergröße ist das eine besondere Herausforderung, da nur wenig Zellmaterial zur Verfügung steht. Die Methode nutzten die Wissenschaftler vom RUB-Lehrstuhl für Allgemeine und Molekulare Botanik, um die Entwicklung von kleinen vielzelligen Pilzen zu untersuchen. Die Ergebnisse berichten sie in der Fachzeitschrift BMC Genomics.

Die Genaktivität unterscheidet sich von Gewebe zu Gewebe

In vielzelligen Organismen enthält jede Zelle das gleiche Erbgut, allerdings ist oft nur ein Teil der Gene aktiv. Diese Unterschiede in der sogenannten Genexpression bewirken die Variation im Aufbau und der Physiologie von Zellen. Die Genexpression ist somit der Schlüssel, um die Entwicklung vielzelliger Organismen zu verstehen. "In großen Organismen wie Pflanzen ist es meist kein Problem, an genügend Ausgangsmaterial für die Untersuchung der Genexpression zu gelangen", erklärt PD Dr. Minou Nowrousian. "Bei Mikroorganismen bestehen Organe allerdings oft nur aus wenigen Zellen, die außerdem teilweise in andere Gewebe eingebettet sind und sich schlecht von diesen trennen lassen." Um dennoch die Genaktivität während der Entwicklung bestimmter gerade mal 0,5 Millimeter großer sexueller Strukturen von Pilzen analysieren zu können, kombinierten die Bochumer Biologen um Prof. Dr. Ulrich Kück und Minou Nowrousian die Laser-Mikrodissektion mit modernen Sequenziertechniken.

So funktioniert die Laser-Mikrodissektion

Bei der Laser-Mikrodissektion schneiden Wissenschaftler unter dem Lichtmikroskop definierte Bereiche aus einer Probe mit einem Laserstrahl aus. Mit dieser Laser-Minischere sammelten die RUB-Forscher die Fruchtkörper, also die sexuellen Strukturen, des Pilzes Sordaria macrospora, der seit Jahrzehnten ein Modellorganismus für die Entwicklungsbiologie ist. Aus den Fruchtkörpern isolierten sie die RNA, die die Genaktivität reflektiert. Mit Hilfe der "Next-Generation"-Sequenzierung entschlüsselten sie dabei die Aktivität von allen Genen des Erbguts gleichzeitig.

Ein Transkriptionsfaktor steuert die Genaktivität in jungen Fruchtkörpern

Die Bochumer Forscher verglichen den Wildtyp-Pilz mit einer Mutante, die keine reifen Fruchtkörper bilden, sich also nicht sexuell vermehren kann. Dazu untersuchten sie die Genexpression in jungen, unreifen Fruchtkörpern. Sie zeigten, dass Fruchtkörper-spezifische Gene in der Mutante teilweise nicht funktionierten. Das defekte Gen enthielt die Bauanleitung für einen Transkriptionsfaktor. Außerdem fand das RUB-Team heraus, dass der Fruchtkörper ein vollständig anderes Genaktivitätsmuster aufweist als nicht-reproduktive Gewebe. "Mit der neuen Methodenkombination wollen wir nun die Genaktivität in weiteren Mutanten und Entwicklungsstadien untersuchen, um die molekularen Mechanismen der Entwicklung vielzelliger Pilze besser zu verstehen", so Prof. Kück.

Pilze: ökologische und wirtschaftliche Bedeutung

Pilze haben einen großen Einfluss auf nahezu alle Ökosysteme. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag zum Abbau tierischer und pflanzlicher Abfallprodukte und somit zum globalen Kohlenstoffkreislauf. Manche Arten leben mit Pflanzen oder Tieren in Symbiose, andere Arten sind Krankheitserreger. In der chemischen und pharmazeutischen Industrie werden Pilze für die Produktion von Antibiotika und Enzymen genutzt. Die Ausbildung von krankheitserregenden oder symbiotischen Interaktionen sowie die Produktion von medizinisch oder biotechnologisch relevanten Stoffen ist oft an bestimmte Entwicklungsstadien im Lebenszyklus eines Pilzes gebunden. Die Analyse der Entwicklung ist daher nicht nur für die Grundlagenforschung sondern auch für die industrielle Anwendung entscheidend.

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