Grundlage für bessere Medikamente: Hormone gezielt modifizieren und als Arzneistoffe einsetzen

Deutsch-amerikanisches Forscherteam erzeugt Metall-Peptid-Komplexe

09.07.2012 - Deutschland

Forscher der RUB und aus Berkeley haben aus Aminosäuren bestehende Hormone durch Metallkomplexe modifiziert. In der Zeitschrift Journal of the American Chemical Society berichten sie erstmals auch die dreidimensionale Struktur der dabei entstehenden Metall-Peptid-Verbindungen. „Damit legen wir die molekulare Grundlage für die Entwicklung besserer Medikamente“, sagt Prof. Raphael Stoll von der Fakultät für Chemie und Biochemie der Ruhr-Universität. Das Team untersuchte Hormone, die Schmerzwahrnehmung und Tumorwachstum beeinflussen.

© Florian Wieberneit & Raphael Stoll

Mit der NMR-Spektroskopie klärte das Bochumer Forscherteam die dreidimensionale Struktur eines Peptid-Metall-Komplexes auf. Das Metallatom, Rhodium (pink), bindet an die Aminosäure Tyrosin des Peptids, genauer gesagt an den Phenolring – eine Struktur aus sechs Kohlenstoffatomen (grün), einem Sauerstoffatom (rot) und Wasserstoffatomen (nicht gezeigt). Der zweite Kohlenstoffring (grün) über dem Rhodium ist eine Pentamethylcyclopentadienyl-Gruppe. Rhodium ist über eine sogenannte Metallkoordinationsbindung zwischen den beiden Kohlenstoffringen gebunden. Das graue Netz symbolisiert die Moleküloberfläche.

Peptidhormone haben viele Funktionen im Körper

Aus Aminosäuren bestehende Hormone, die Peptidhormone, vermitteln im Körper Gefühle wie Schmerz und Hunger, übermitteln aber auch Wachstumssignale. Ein Beispiel ist das für den Zuckerhaushalt wichtige Insulin. Im Zusammenspiel mit speziellen Rezeptoren, den G-Protein-gekoppelten Rezeptoren, transportieren die Peptidhormone ihre Botschaften in die Zellen. Die Hormone lassen sich gezielt chemisch modifizieren, so dass sich ihre Wirkung ändert, beispielsweise das Schmerzempfinden verringert oder das Tumorwachstum hemmt. Die deutsch-kalifornische Forschergruppe hat nun eine neue Methode gefunden, Peptidhormone zu modifizieren.

Metallkomplexe reagieren mit verschiedenen Peptidhormonen

Erstmals nutzten sie einen Metallkomplex, nämlich eine Rhodiumverbindung, die mit der Aminosäure Tyrosin reagiert. Das Edelmetall Rhodium wird als Katalysator bei der Synthese von hochkomplizierten Arzneistoffen im Forschungslabor ebenso eingesetzt wie in großtechnischen Anlagen. Die Forscher analysierten unter anderem das Peptidhormon Enkephalin, das für das Schmerzempfinden wichtig ist, und Octreotid. Letzteres ist ein synthetischer, als Arzneistoff zugelassener Abkömmling des Wachstumshormons Somatostatin, welcher heute schon in der Tumorbehandlung eingesetzt wird. Die Reaktion mit dem Metallkomplex war hochselektiv. Obwohl die Hormone aus über hundert Atomen bestehen, band die Rhodiumverbindung immer an einen Kohlenstoffring des Tyrosins – den Phenolring.

Struktur aufgeklärt

Das Team klärte auch die Struktur der entstandenen Metall-Petid-Komplexe auf. „Wir hoffen, aufbauend auf diesen grundlegenden Untersuchungen weitere metallhaltige, peptidartige Wirkstoffe zu entwickeln“, sagt Prof. Dr. Nils-Metzler-Nolte vom Lehrstuhl für Anorganische Chemie I. „Diese könnten die Wirkung natürlich vorkommender Peptidhormone modulieren und beispielsweise als neuartige Mittel gegen Schmerz oder Krebserkrankungen eingesetzt werden.“ Für das Projekt stellten die kalifornischen Kollegen ihr Wissen über die spezielle Reaktivität der Rhodiumverbindung zur Verfügung. Die Bochumer brachten ihre Erfahrung mit Metall-Peptiden, den zugehörigen Rezeptoren und der Strukturaufklärung biologischer Makromoleküle ein. „Hier zeigt sich erneut, dass hochaktuelle kompetitive Forschung nur im Forschungsverbund effizient durchgeführt werden kann“, sagt Prof. Stoll. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (SFB 642 und Forschergruppe 630) und das Research Department für Grenzflächen-Systemchemie (Interfacial Systems Chemistry) unterstützten die Arbeiten.

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