EPO für das Gehirn
Gentechnisch verändertes Moos produziert menschliches Hormon
Im menschlichen Blut sind mehrere komplexe Zuckerstrukturen an dem EPO-Protein angeheftet, die bis zu 40 Prozent seiner molekularen Masse ausmachen. Diese Zuckerreste verändern die Halbwertzeit und Funktion des Hormons im menschlichen Körper. Eine spezifische Form dieses komplexen Glykoproteins, das asialo-EPO, kann das Gewebe schützen, ohne die roten Blutzellen zu stimulieren. Aus diesem Grund wird asialo-EPO als ein sicheres Arzneimittel angesehen, das keine potenzielle Dopingaktivität aufweist.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Lehrstuhl für Pflanzenbiotechnologie der Universität Freiburg um PD Dr. Eva Decker und Prof. Dr. Ralf Reski sowie von der Freiburger Biotechnologiefirma Greenovation haben nun das Moos Physcomitrella patens gentechnisch so verändert, dass es rekombinantes menschliches asialo-EPO im Moos-Bioreaktor produziert. „Asialo-EPO lässt sich in tierischen Zellkulturen nur schwer herstellen. Dagegen hat die gentechnische Modifikation des Mooses weder das Wachstum noch die Leistung der Pflanzen verändert. Deswegen empfehlen wir den Moos-Bioreaktor als System der Wahl zur Herstellung dieses potenziell neuroprotektiven Proteins“, sagt Decker. Die Anheftung der korrekten Zuckerreste an das rekombinante Protein hat Prof. Dr. Friedrich Altmann von der Universität für Bodenkultur in Wien/Österreich, belegt.
Kürzlich wurde gezeigt, dass EPO bei Sauerstoffmangel in unterschiedlichen Geweben im menschlichen Körper hergestellt wird, wenn die Sauerstoffzufuhr zum limitierenden Faktor wird. In diesem Fall schützt das Hormon diese Gewebe durch die Hemmung der Apoptose, des programmierten Zelltodes in Stresssituationen. In diesem Zusammenhang bietet asialo-EPO eine potenzielle Behandlung für Hirnschlag, durch Diabetes verursachte Augenschäden sowie Schädigungen des peripheren Nervensystems.
„Dieses spannende neue Protein ist das Resultat der Verbindung zwischen Pflanzenbiotechnologie und synthetischer Biologie, wie wir sie in unserem Freiburger Exzellenzcluster BIOSS praktizieren. Wir hoffen, dass sein Potenzial als Biopharmazeutikum bald klinisch bewertet wird“, sagt Ralf Reski, Mitbegründer von Greenovation und derzeit Senior Fellow am Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS). FRIAS und BIOSS werden von der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder gefördert.
Das Verbundprojekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und von der Baden-Württemberg-Stiftung gefördert. Die Ergebnisse der Studie sind nun in der aktuellen Online-Ausgabe der Fachzeitschrift „Plant Biotechnology Journal“ veröffentlicht.
Originalveröffentlichung
Juliana Parsons, Friedrich Altmann, Claudia K. Arrenberg, Anna Koprivova, Anna K. Beike, Christian Stemmer, Gilbert Gorr, Ralf Reski, Eva L. Decker: "Moss-based production of asialo-erythropoietin devoid of Lewis A and other plant-typical carbohydrate determinants." Plant Biotechnology Journal 2012.
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