Medizin mit Lichtschalter
Chemiker der Uni Jena und INNOVENT e. V. entwickeln lichtschaltbaren Wirkstoffträger
Jan-Peter Kasper/FSU
Jan-Peter Kasper/FSU
Eine innovative Lösung dieses Problems hat das Team um Prof. Schiller jetzt vorgelegt und in der Fachzeitschrift „Journal of Materials Chemistry“ veröffentlicht. Darin stellen die Chemiker der Uni Jena und des Forschungsbereichs Biomaterialien von INNOVENT e. V. unter dem Dach des Jena Center for Soft Matter (JCSM) einen Wirkstoffträger auf Nanofaserbasis vor, der NO nach einer Bestrahlung mit UV-A-Licht freisetzt. Grundlage dafür ist ein neuer, photolabiler Ruthenium-Nitrosyl-Komplex, der in Polylaktid-Nanofasern eingebettet ist. Die nur einen halben Mikrometer feinen Fasern bilden ein ungewobenes Vlies, welches NO ins wässrige Medium abgibt. „Das wird allerdings erst dann freigesetzt, wenn die Fasern am gewünschten Wirkort mit UV-A-Licht bestrahlt werden“, sagt Prof. Schiller.
Damit erfülle die Nanofaser eine wichtige Voraussetzung als potenzieller Wirkstoffträger und biete gegenüber bisherigen systemischen NO-Wirkstoffen, die NO im gesamten Körper verteilen, ein ergänzendes Einsatzspektrum. Die Vliese können gezielt an Körperoberflächen wie der Haut oder in der Luft- und Speiseröhre eingesetzt werden. Wie die Autoren der aktuellen Studie zeigen konnten, ist die Nanofaser aus Polylaktid für menschliche Zellen gut verträglich und daher prinzipiell für einen Einsatz in der Medizin geeignet.
Mit ihrer Neuentwicklung präsentieren die Jenaer Chemiker erstmals eine Nanofaser als Träger für einen solchen lichtschaltbaren Metallkomplex. „Bisherige Ansätze haben sich vor allem auf chemisch gebundene Substanzen in einer polymeren Matrix als Wirkstoffträger konzentriert“, unterstreicht Prof. Schiller. Doch diese Systeme haben den Nachteil, dass sie sehr aufwendig in der Herstellung sind. Die Einbettung von NO-abgebenden Substanzen in Nanofaser-Vliese dagegen bietet mehrere Vorteile: Die Produktion ist einfach und in größeren Mengen möglich. Und Nanofasern besitzen eine sehr große Oberfläche für eine effiziente Wechselwirkung mit Licht.
Ihre Erkenntnisse wollen die Chemiker auch in die kürzlich eingerichtete DFG-Forschergruppe „Häm und Hämabbauprodukte“ der Universität Jena einbringen. „Kohlenmonoxid als Abbauprodukt des Blutfarbstoffs im menschlichen Körper ist Stickstoffmonoxid sehr ähnlich“, so Prof. Schiller. Die Vliese, deren Herstellung und Einsatzmöglichkeiten bereits zum Patent angemeldet sind, bieten auch ein großes Potenzial für die gezielte Freisetzung von Kohlenmonoxid, um seine medizinische Wirkung zu erforschen. Neben der Pharmazie könnten die Nanofasern künftig aber auch in Sensoren oder Katalysatoren Anwendung finden.