Forscher verändern Stammzellen mit RNA-Cocktail
Max-Planck-Wissenschaftler in Dresden können einzelne Nerven-Stammzellen in ihrer natürlichen Umgebung beeinflussen und somit besser verstehen
© MPI f. molekulare Zellbiologie und Genetik Dresden
Um die Mikroinjektion an den hauchdünnen Gewebeschnitten von Mäusegehirnen überhaupt durchführen zu können, ließen sich die Forscher aus dem Team um Wieland Huttner am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in der institutseigenen Werkstatt zunächst ein Spezialgitter aus Messing bauen: So wird das gerade mal einen viertel Millimeter dünne Gewebe fixiert. Dann wird mit einer feinen Nadel eine Mischung verschiedenster Boten-RNAs in die Zelle eingebracht.
Kann man mit den gängigen Methoden wie Elektroporation nur wenige Gene auf einmal manipulieren, ist es mit der Mikroinjektion möglich, Tausende von Genen gleichzeitig in ein und derselben Zelle zu beeinflussen – und die Auswirkung wird sofort sichtbar. Die neuralen Vorläuferzellen, mit denen gearbeitet wurde, verhielten sich ganz normal wie Zellen in einem lebenden Organismus. Bei der Mikroinjektion bestimmter Boten-RNA-Cocktails veränderten sie allerdings ihr Schicksal, schalteten von der asymmetrischen Teilung, bei der eine Stammzelle und eine Nervenzelle entstehen, um auf symmetrische Teilung zur Vermehrung der Stammzell-Population. Somit ist die Methode ein vielversprechender Ansatz, um vermutete Aufgaben von bestimmten Genen unmittelbar in Zellen in ihrer natürlichen Umgebung nachzuprüfen.
„Die Methodik, die wir hier etabliert haben, eröffnet völlig neue Möglichkeiten, um neurale Stammzellen im Gehirn zu untersuchen und zu beeinflussen“, so Wieland Huttner, Direktor und Forschungsgruppenleiter am Dresdner Max-Planck-Institut. Insbesondere kann damit in der Zukunft das Verhalten von Stamm- und Vorläuferzellen verschiedener Tierarten simuliert werden, von der Maus bis hin zum Menschen. Ziel ist es, auf diesem Weg jene Gene zu identifizieren, die für das besondere Verhalten menschlicher Nerven-Stammzellen verantwortlich sind.
Originalveröffentlichung
Elena Taverna, Christiane Haffner, Rainer Pepperkok, Wieland Huttner; Manipulating the fate of single neural stem cells in tissue; Nature Neuroscience, 18. Dezember 2011