"Blutschwitzen“ von Kälbern: Impfstoff bringt den Tod
Gießener Tiermediziner erzielen Durchbruch bei der Erforschung des „Blutschwitzens“ von Saugkälbern – Impfstoff verantwortlich
In Europa sind über 4.000 BNP-Fälle bekannt geworden und haben zu erheblicher Unruhe in der Rinderhaltung geführt. Es gelang weder Krankheitserreger noch Giftstoffe als Ursachen der Erkrankung zu identifizieren, allerdings zeigte sich eine besondere Bedeutung des Kolostrums („Biestmilch") – der ersten Milch, die ein neugeborenes Kalb trinkt – für das Auftreten von BNP. Auch trat BNP vermehrt in solchen Rinderherden in Erscheinung, bei denen ein bekannter Impfstoff gegen die so genannte Bovine Virusdiarrhöe (BVD) verwendet wurde (PregSure®, Pfizer).
Zur Aufklärung der Ursachen von BNP hat die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im vergangenen Jahr einen Forschungsverbund unter Koordination von Prof. Klaus Doll (Leiter der Klinik für Wiederkäuer der JLU) ins Leben gerufen, an dem sich Wissenschaftler von vier tierärztlichen Bildungsstätten in Deutschland beteiligen. Kürzlich konnte von Veterinärmedizinern der JLU gezeigt werden, dass im Kolostrum von Kühen, bei deren Kälbern BNP aufgetreten ist, Antikörper nachzuweisen sind, die mit weißen Blutzellen der Kälber reagieren.
Einem Forscherteam um Prof. Till Rümenapf aus dem Institut für Virologie der JLU ist es jetzt gelungen, MHC-I als Zielantigen zu identifizieren, gegen das die mütterlichen, BNP auslösenden Antikörper gerichtet sind. MHC-I kommt auf allen Körperzellen vor und spielt eine zentrale Rolle im Immunsystem. Es hat sich gezeigt, dass bei manchen Muttertieren Antikörper gegen solche Varianten von MHC-I gebildet werden, die auch im BVD Impfstoff enthalten sind, vermutlich als Verunreinigung durch die im Produktionsprozess verwendeten Zellen. Hat das Kalb zufällig das gleiche MHC-I Molekül, binden die mütterlichen Antikörper daran und führen zur Zerstörung der blutbildenden Zellen. Dies weist auf die potentielle Gefahr für alle Impfstoffe hin, bei deren Herstellung Zellen derselben Spezies verwendet werden, für die der Impfstoff vorgesehen ist. Andere Impfstoffe gegen BVD mit anderen Zusammensetzungen verursachten diese Probleme jedoch nicht, betonen die Gießener Veterinärmediziner.
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