Chemische Katalyse: Ohne Wasser geht es nicht

19.07.2011 - Schweiz

Wasser ist nicht nur elementarer Bestandteil biologischer Systeme, sondern kann auf vielfältige Weise auch einen Einfluss auf diese haben, zum Beispiel durch die Beteiligung an katalytischen Reaktionen. Im Allgemeinen ist der direkte Nachweis dieser Wirkung aber schwierig zu erbringen, da es sich meist um kurzlebige Prozesse handelt. Forschende der Universität Basel konnten nun die katalytische Aktivität eines einzelnen Wassermoleküls in einer Protonentransferreaktion durch Kombination experimenteller Daten und computergestützter Simulationen nachweisen und die Vorgänge auf molekularer Ebene aufklären. Ihre Forschungsergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Journal of Biological Chemistry veröffentlicht.

Gegenstand der computergestützten Chemie sind neben der Berechnung der elektronischen Struktur einer Verbindung auch die der Bewegung der einzelnen Atome, aus denen eine Verbindung besteht. Simulationstechniken erlauben es heute, die Bewegung von Molekülen und Systemen mit bis zu einer Million Atomen unter Berücksichtigung einer realistischen Umgebung qualitativ zu beschreiben. Diese Techniken kommen zum Beispiel bei der Untersuchung von Systemen zum Einsatz, die experimentell nur schwierig zugänglich sind. Protonentransferreaktionen (PT-Reaktionen) sind Reaktionen, bei denen ein positiv geladenes Wasserstoffatom (ein Proton) von einem Reaktionspartner auf den anderen übertragen wird. Hierfür wird oft die Beteiligung von Wasser diskutiert, ein direkter experimenteller Nachweis auf molekularer Ebene ist hier aber schwierig, da es sich in der Regel um kurzlebige Prozesse handelt.

Ein Forscherteam um Prof. Dr. Markus Meuwly vom Institut für Physikalische Chemie der Universität Basel hat eine neue Methode entwickelt, PT-Reaktionen in Proteinen durch Simulationen zu untersuchen und hat diese auf das gut beschriebene Protein Ferredoxin I aus dem Bodenbakterium Azotobacter vinelandii angewandt. Ferredoxine sind kleine Proteine, die im Stoffwechsel als Elektronenüberträger an sogenannten Redoxreaktionen (Elektronenübertragungsreaktionen) beteiligt sind. Sie spielen eine Rolle zum Beispiel bei der Photosynthese, der Stickstofffixierung oder bei Atmungsprozessen. Ferredoxine enthalten Eisen- (Fe) und Schwefelatome (S), die in einem sogenannten Cluster (hier ein [3Fe-4S]-Cluster) angeordnet sind.

Für Ferredoxin I ist bekannt, dass direkt auf die Aufnahme von einem Elektron durch den Eisen-Schwefel-Cluster die Aufnahme von einem Proton aus dem umgebenden Wasser folgt. Die Geschwindigkeit dieser Reaktion wurde bereits mittels Cyclovoltammetrie untersucht. Zudem wurde gezeigt, dass die katalytisch aktive Stelle (ein Aspartat-Aminosäurerest, Asp15) an der Oberfläche des Proteins liegt, sodass ein schneller Austausch mit dem umgebenden Wasser erfolgt. Bisherige mechanistische Untersuchungen gingen davon aus, dass Wasser an diesem PT nicht beteiligt ist. Meuwly konnte dies nun widerlegen und zeigen, dass zunächst ein Proton vom umgebenden Wasser aufgenommen und in einem konzertierten Prozess über ein einzelnes «strukturelles» Wassermolekül auf den im Protein weiter innen liegenden Eisen-Schwefel-Cluster übertragen wird. Die berechneten Daten für dieses Modell zeigen gute Übereinstimmung mit den experimentell ermittelten Werten – im Gegensatz zu anderen denkbaren kompetitiven Prozessen.

Die Originalarbeit demonstriert, dass durch das Zusammenwirken von Simulation, Theorie und Experiment ein grundlegendes Verständnis eines in der Chemie und Biologie fundamentalen Prozesses möglich wird, was keiner der Ansätze alleine erlaubt.

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