Neue Polymere sollen mobile DNA-Analysen ermöglichen

BMBF fördert anwendungsorientierte Forschungsprojekte der Universität Jena

20.06.2011 - Deutschland

Ist es Schweinegrippe, Vogelgrippe oder doch ein „herkömmlicher“ Grippevirus? Wollen Ärzte heute bestimmen, an welchem Influenzatypus ein Patient erkrankt ist, müssen Blutproben in einem Labor untersucht werden. Dabei geht wichtige Zeit verloren, die für die Behandlung oder sogar für eventuelle Quarantänemaßnahmen notwendig wäre. In naher Zukunft sollen solche Fragen direkt vor Ort beantwortet werden können.

Jan-Peter Kasper/FSU

Auch ein Fureszenzmikroskop der Universität Jena kommt im neuen Projekt "Bioanalytik und Oberflächen zur Integration in Systemen (BASIS)" zum Einsatz.

Ein Netzwerk aus 15 Thüringer Unternehmen und fünf Thüringer Forschungseinrichtungen unter Koordination der Analytik Jena AG arbeitet u. a. daran im Wachstumskern „Bioanalytik und Oberflächen zur Integration in Systemen“ (BASIS) – unterstützt durch den Projektträger Jülich sowie die Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen. Ziel des Verbundes, welcher seit 2009 besteht, ist es, spezielle Polymer-Beschichtungen aus sogenannten „Hydrogelen“ für sehr unterschiedliche Anwendungsfelder zu entwickeln. Federführend sind Unternehmen aus den Marktbereichen Messtechnik für biologische Systeme, mobile Analytik und Implantologie.

Nach erfolgreicher Begutachtung des Verbundes wird BASIS als Innovativer regionaler Wachstumskern im Förderprogramm „Unternehmen Region“ durch das Bundesministerium für Forschung und Bildung (BMBF) seit 1. Juni mit insgesamt 9,1 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre gefördert. Die Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU), die mit zwei Forschergruppen am Verbundprojekt beteiligt ist, erhält davon insgesamt 1,19 Millionen Euro.

Die Problemlösungsplattform kann in drei Anwendungsgebieten zum Einsatz kommen: Einerseits soll eine mobile Analytik von DNA entwickelt werden. Andererseits wollen die Forscher neue Beschichtungen für Messsysteme herstellen, die im Wasser eingesetzt werden und auf deren Sensoroberfläche sich keine Organismen anlagern können. Drittens sollen in den nächsten drei Jahren Gelenk- und Zahnimplantate mit antibakterieller Beschichtung entstehen.

„In allen drei Anwendungsbereichen setzen wir auf die Beschichtung mit sogenannten Hydrogelen“, sagt PD Dr. Michael Gottschaldt vom Institut für Organische Chemie und Makromolekulare Chemie der Universität Jena. „Das sind Wasser enthaltende aber wasserunlösliche Polymere, die durch ihre hydrophilen Eigenschaften aufquellen und dadurch eine abweisende Oberfläche bilden“, erklärt der Jenaer Chemiker, der zur beteiligten Forschergruppe um Prof. Dr. Ulrich S. Schubert gehört. Die Wissenschaftler der Universität Jena nutzen zur Synthese der Hydrogele vor allem spezielle Polyethylenoxid- und Poly(2-Oxazolin)-Polymere für ihre Versuche, die optimale Beschichtung für die jeweilige Anwendung zu finden. „Die Polymere werden zusätzlich miteinander vernetzt, so dass eine geschlossene Schicht entsteht“, erklärt Michael Gottschaldt. „Wie diese Beschichtungen für die unterschiedlichen Anwendungen allerdings im Einzelnen zusammengesetzt sein müssen, wollen wir im Lauf des Forschungsprojektes herausfinden.“

Vielfältige Kooperationsmöglichkeiten und Methoden stehen den Wissenschaftlern dabei innerhalb des 2010 gegründeten Zentrums der Universität, dem „Jena Center for Soft Matter“ (JCSM), zur Verfügung. Für den DNA-Nachweis etwa muss in die Beschichtung des Sensors ein Material integriert werden, das Nukleinsäuren bindet. Zur Überprüfung der verschiedenen Polymerproben drucken die Chemiker sie mit einem Tintenstrahldrucker auf Glasträger und nehmen sie unter die Lupe bzw. unter das Mikroskop.

Mit einem anderen Druckverfahren arbeitet auch Dr. Sergiy Zankovych aus dem Team von Prof. Dr. Klaus D. Jandt. Die Wissenschaftler vom Institut für Materialwissenschaft und Werkstofftechnologie (IMT) der Universität Jena wenden u. a. das Micro-Contact-Printing-Verfahren an, um die von den Chemikern entwickelten Beschichtungen auf den jeweiligen Sensoren zu strukturieren. Dadurch können sie deren Wirkungsweise verbessern und genau auf die jeweilige Anwendung zuschneiden. Natürlich müssen auch sie die verwendeten Materialien genauestens untersuchen, um Fertigungstechniken für die industrielle Herstellung zu entwickeln. Im BASIS-Projekt entwickelt das IMT physikalische Strukturierungsmethoden von Hydrogelen für die Anwendung in der mobilen Analytik. „Das BASIS-Projekt ist ein ausgezeichnetes Beispiel, wie sich Grundlagenforschung in Thüringen auch für die Thüringer Industrie auszahlt“ sagt Prof. Jandt. „BASIS ist aus grundlagenorientierten Forschungsprojekten – Grenzflächenfunktionalisierung, 3D-Biointerfaces – hervorgegangen, die in langfristiger Zusammenarbeit u. a. vom Institut für Bioanalytik Heiligenstadt, Innovent Jena, dem Lehrstuhl für Biomechatronik der TU Ilmenau und dem Lehrstuhl für Materialwissenschaft der FSU Jena durchgeführt wurden“. Die Beteiligung der Industrie an diesen Vorläufer-Projekten durch einen Beirat hat dazu beigetragen, Grundlagenforschung in industriegetriebene anwendungsorientierte Forschung umzusetzen.

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