Für eine narbenfreie Wundheilung

BMBF fördert europäisches Verbundprojekt zur biotechnologischen Herstellung von Chitosanen

14.04.2011 - Deutschland

Krabbenschalen liefern wertvolle Rohstoffe: sogenannte Chitosane. Diese Zuckerverbindungen können Pflanzen vor Krankheiten schützen oder helfen Menschen, die Verbrennungen erlitten haben, ihre Wunden zu heilen. Ein Haken daran: Die Wirksamkeit ist nicht immer gleich gut. In einem neuen europäischen Verbundprojekt wollen Wissenschaftler Chitosane produzieren, die zuverlässig wirken. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die beiden deutschen Partner des Projekts "ChitoBioEngineering" im Rahmen der "Industrial Biotechnology Initiative" des Europäischen Forschungsraumes in den kommenden drei Jahren mit insgesamt fast 900.000 Euro. Initiator und Koordinator des Projekts ist Prof. Dr. Bruno Moerschbacher vom Institut für Biologie und Biotechnologie der Pflanzen der Universität Münster.

Bruno Moerschbacher hat langjährige Erfahrung in der Optimierung von Chitosanen. Der Biotechnologe betont: "Mit diesem Projekt beginnen wir eine neue spannende Phase unserer Forschung. Statt das Chitosan umständlich und mit harschen chemischen Methoden aus Krabbenschalen zu extrahieren, wollen wir es in Zukunft biotechnologisch in Fermentern produzieren. Davon wird vor allem die Entwicklung von biomedizinischen Anwendungen enorm profitieren."

Chitosane sind eine Familie von komplexen Zuckermolekülen, die eine Vielzahl von potenziell hochinteressanten biologischen Aktivitäten besitzen. So werden Pflanzen resistent gegen Krankheitserreger, wenn man sie mit Chitosan behandelt, und selbst schlimme Verbrennungswunden können unter Chitosanverbänden schnell, schmerzfrei und ohne Narbenbildung heilen. "Leider funktioniert das nicht immer zuverlässig. Ich vermute schon lange, dass dies an der strukturellen Vielfalt von Chitosanen liegt", erklärt Bruno Moerschbacher. "Anscheinend ist ein ganz bestimmtes Chitosan für eine bestimmte biologische Aktivität verantwortlich, während andere Chitosane bei der gleichen Anwendung inaktiv sind. Wir müssen daher zunächst die Wirkweise genau verstehen, bevor wir diese Zuckermoleküle effektiv und zuverlässig einsetzen können."

Die Projekte der Arbeitsgruppe von Professor Moerschbacher zielten in den vergangenen Jahren überwiegend darauf, eine biochemische Untersuchungsmethode für die verschiedenen Chitosane zu entwickeln. In dem neuen Projekt wollen die münsterschen Forscher jetzt beginnen, definierte Chitosane gezielt zu produzieren. Sie wollen sich dabei der gleichen Werkzeuge bedienen, die auch Organismen bei der Produktion von Chitosanen einsetzen: einem Enzym, das Chitin produziert, und einem zweiten, das Chitin zu Chitosan weiterverarbeitet. Dazu wird die münstersche Arbeitsgruppe mit universitären Partnern aus Barcelona in Spanien und Gent in Belgien kooperieren.

Die Münsteraner haben bereits eine Vielzahl geeigneter Enzyme aus verschiedenen Organismen isoliert und charakterisiert. Sie arbeiten nun mit den Projektpartnern Hand in Hand: Die Spanier sind Experten in der Optimierung der Enzyme, um ganz bestimmte Chitosane mit den gewünschten biologischen Eigenschaften zu erhalten. Die Belgier verbessern jene Bakterienstämme, in denen die Chitosane letztlich produziert werden sollen, um so eine möglichst gute Ausbeute an hoch reinen Chitosanen zu erzielen. Zwei industrielle Partner werden den Transfer der Technologie aus der Universität in die Industrie unterstützen: Eine belgische Firma in Gent ist für die Übertragung der biotechnologischen Produktion vom Labor- in den Industriemaßstab zuständig. Eine deutsche Firma in Halle, die bisher chemisch produzierte Chitosane weltweit vermarktet, will ihr etabliertes Kundennetzwerk nutzen, um den Erfolg der biotechnologisch hergestellten Chitosane in realen Anwendungen zu testen.

"Wir kommen damit einer biomedizinischen Nutzung dieses natürlichen komplexen Zuckers einen entscheidenden Schritt näher", betont Dr. Stephan Kolkenbrock, der das münstersche Teilprojekt leiten wird. Die indische Doktorandin Shoa Naqvi, Stipendiatin des Deutschen Akademischen Austausch-Dienstes in der münsterschen Arbeitsgruppe, freut sich: "In Indien gibt es viele Menschen, die sich teure Medizin nicht leisten können. Und es gibt dort oft Kinder mit schlimmen Verbrennungen. Ich hoffe, dass unsere Forschung auch ihnen in Zukunft helfen kann."

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