Neue genetische Ursache für Glasknochen-Krankheit entdeckt
Einer internationalen Forschergruppe unter der Leitung von Priv.-Doz. Dr. Christian Netzer vom Institut für Humangenetik der Uniklinik Köln ist es nun gelungen, bei einigen dieser Patienten das ursächliche Gen zu identifizieren. Hierfür kam eine Methode zur umfassenden Analyse des menschlichen Genoms zum Einsatz, die derzeit weltweit die Humangenetik revolutioniert: das sogenannte Next-Generation-Sequencing. Es ermöglicht die Analyse eines Großteils aller circa 25.000 Gene in einem einzigen Experiment. Im vorliegenden Fall wurde diese Arbeit am Radboud University Medical Center in Nijmegen geleistet (Arbeitsgruppe von Prof. Joris A. Veltman und Dr. Alexander Hoischen). Bisher mussten bei Forschungsprojekten und in der Routine-Diagnostik die in Frage kommenden Gene einzeln und nacheinander analysiert werden – ein sehr mühseliges und zeitaufwendiges Vorgehen, so dass in der Regel nur eine kleine Zahl von Genen untersucht werden konnte.
Mit der neuen Methode werden gleich zehntausende Abweichungen von der Referenzsequenz des humanen Genoms identifiziert. Die weitaus meisten hiervon haben keinen Krankheitswert, sondern sind Teil der jeweiligen genetischen Individualität eines Menschen. Die krankheitsauslösende Mutation in diesem gewaltigen Datensatz zu finden, gleicht daher zurzeit noch der sprichwörtlichen Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen.
Die Forscher machten sich bei dieser Suche zu Nutze, dass die Eltern der Patienten eine Ehe mit einem Verwandten eingegangen waren. Die ursächliche Mutation vermuteten sie daher in den Abschnitten des Genoms, die von einem gemeinsamen Vorfahren über beide Elternteile in identischer Form an das betroffene Kind vererbt wurden. Mit einem raffinierten bioinformatischen Algorithmus kartierten die Wissenschaftler die in Frage kommenden Bereiche und suchten nur hier nach der Mutation.
Schon nach der Analyse des ersten Patienten-Genoms wurden sie fündig: Das Gen SERPINF1 zeigte in beiden Kopien eine schwerwiegende Veränderung. Anschließend fanden sie bei zwei weiteren Patienten mit Osteogenesis imperfecta andere gravierende Mutationen und konnten somit belegen, dass Veränderungen in diesem Gen mit stark erhöhter Knochenbrüchigkeit einhergehen. „Wir waren selbst überrascht, ausgerechnet ein Gen als ursächlich zu identifizieren, dass man bislang vor allem mit der Hemmung von Gefäßneubildungen in Verbindung gebracht hat: SERPINF1 kodiert für das Protein PEDF, das wegen dieser Eigenschaft sogar schon in klinischen Studien auf seine Eignung als Medikament untersucht wird“, sagt Dr. Christian Netzer.
Der Ablauf der Erkrankung könnte daher bei dieser Form der Glasknochen-Krankheit ein gänzlich anderer sein als bei den bisher bekannten Fällen. „Wir haben die Hoffnung, dass auf dem Boden dieser Erkenntnis langfristig eine individualisierte – das heißt an die molekulare Ursache angepasste – Therapie dieser Form der Glasknochen-Krankheit entwickelt werden kann. Auch wenn das vermutlich noch ein sehr weiter Weg ist“, so Netzer weiter.
Alle Patienten, bei denen der Nachweis von SERPINF1-Mutationen gelang, werden im Osteogenesis imperfecta-Zentrum der Kölner Universitäts-Kinderklinik, der größten Einrichtung dieser Art in Deutschland, vom Pädiater Dr. Oliver Semler behandelt. „Die Patienten haben alle eine schwere Form der Erkrankung. Die Familien sind froh, dass man jetzt eine greifbare Erklärung für die Krankheit hat. Außerdem kann eine Aussage darüber getroffen werden, wie wahrscheinlich es ist, dass sie weitere erkrankte Kinder bekommen könnten“, sagt Dr. Semler, der an der im renommierten American Journal of Human Genetics publizierten Untersuchung maßgeblich beteiligt war.
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Die Diagnostik ist das Herzstück der modernen Medizin und bildet in der Biotech- und Pharmabranche eine entscheidende Schnittstelle zwischen Forschung und Patientenversorgung. Sie ermöglicht nicht nur die frühzeitige Erkennung und Überwachung von Krankheiten, sondern spielt auch eine zentrale Rolle bei der individualisierten Medizin, indem sie gezielte Therapien basierend auf der genetischen und molekularen Signatur eines Individuums ermöglicht.
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